...Eigenschaften, Klassifikation und Bestimmung.
Blüten sind nicht nur schön anzusehen, ihr Aussehen, Form und Aufbau können auch wichtige Unterscheidungskriterien bei der Pflanzenbestimmung sein. Bei den essbaren Wildpflanzen sind die Blüten ausserdem gut geeignet für einen Tee, als Gewürz oder als Beilage im Salat, bzw. weiterverarbeitet auch für Sirup oder Likör. Aus den Blütenkätzchen von Laubbäumen kann auch Streckmehl hergestellt werden. Vor dem Aufblühen sind die Blütenknospen oft ein köstlicher Natur-Snack.
Tee aus Blüten des Schwarzen Holunder
(Quelle: ©Карина Клачук - stock.adobe.com)
Wenn du dich mit Wildpflanzen befasst, wist du dich unverweigerlich mit den Eigenschaften der Blüten auseinandersetzen dürfen. Dort trifft man in der Literatur dann meist auf viele Fachbegriffe wie z.B.
"Die Blütenköpfe haben gelbe Zungenblüten" (Löwenzahn, Rudi Beiser – Unsere Essbaren Wildpflanzen)
"Männliche Blütenstände sind gelblichgrün, weibliche dagegen graugrün und hängend" (Grosse Brennnessel, Rudi Beiser – Unsere Essbaren Wildpflanzen)
"Unter der helmartigen Oberlippe sitzen 4 Staubblätter" (Wald-Ziest, Rudi Beiser – Unsere Essbaren Wildpflanzen)
"Der Kelch besteht aus 8 grünen Hüllblättern" (Wiesen-Bocksbart, Rudi Beiser – Unsere Essbaren Wildpflanzen)
"Männliche Blüten als hängende Kätzchen,…" (Hasel, Otmar Diez – Unsere Essbaren Bäume und Sträucher)
"Blüten in zahlreichen, ausgebreiteten Schirmrispen" (Vogelbeere/Eberesche, Otmar Diez – Unsere Essbaren Bäume und Sträucher)
"Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und dreizählig. Das reinweiße Perigon besteht aus sechs linealisch-lanzettlichen, 8 bis 10 Millimeter langen Blütenhüllblättern,..." (Bärlauch - Wikipedia)
Das kann sehr verwirrend sein, willst du doch einfach nur kurz etwas nachschlagen oder eine Pflanzenart in der freien Natur bestimmen. Hinzu kommt, dass die Formenvielfalt der Blüten einfach immens ist.
Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, das den Blüten zugrunde liegende System zu verstehen. So gibt es für Blüten und Blütenstände ein genereller Aufbau und eine generelle Funktionsweise. Wenn du diese mal begriffen hast, wirst du nicht nur etwas über die biologischen Grundlagen gelernt haben, sondern kommst auch beim Kennenlernen neuer Pflanzen viel besser klar.
In diesem Artikel gebe ich dir einem Überblick über die Eigenschaften und der Nomenklatur von Blüten und Blütenständen. Ich werde dir die häufigsten in der Literatur verwendeten Begriffe erklären und die biologischen Mechanismen dahinter zeigen.
Da Bilder mehr als Tausend Worte sagen, werde ich das Ganze natürlich reichlich mit Foto-Beispielen von in Mitteleuropa heimischen Wildpflanzen illustrieren (Danke an Wikipedia und Adobe Stock).
Links: Wildkräuter-Salat mit Blüten von Bärlauch, Löwenzahn und Gänseblümchen (Quelle: ©eflstudioart - stock.adobe.com)
Rechts: Noch nicht geöffnete Knospen der Gemeinen Nachtkerze, dem absoluten wohlriechenden Geheimtipp für einen wilden Natur-Snack zwischendurch
(Quelle: ©Marc - stock.adobe.com)
Inhaltsverzeichnis
Funktion von Blüten
Die Blüten dienen der geschlechtlichen Fortpflanzung. Die Spermien innerhalb der Pollen, welche in den männlichen Blütenorganen (Staubbeutel) gebildet werden, müssen dabei ihren Weg zu den weiblichen Blütenorganen (Fruchtblätter) eines anderen Individuums finden. Eine Möglichkeit ist die Verbreitung über den Wind, wie es z.B. bei vielen Laubbäumen (Buche, Hainbuche Erle, Birke, Hasel,.. ) oder auch bei einigen krautigen Pflanzen (z.B. diverse Gräser, Spitzwegerich, kleiner Wiesenknopf,…) der Fall ist. Allerdings muss dazu eine grosse Masse an Pollen gebildet werden.
Nicht immer ist die Wind-Verbreitung die effizienteste Art, so dass sich viele Arten der Bedecktsamer (=Angiospermen, die allermeisten unserer heimischen Wildkräuter, Gräser und Laubbäume gehören dazu) die Hilfe von Tieren (Insekten, Vögel, Fledermäuse) zunutze machen. Dazu ist zwecks Anlockung das Aussehen der Blüte und/oder der angenehme Duft, bzw. eine Belohnung mit zuckerreichem Nektar, sehr wichtig. Mit dem Besuch der Blüte wird das Tier mit Pollen beladen, den es später auf der Blüte eines anderen Individuums wieder abstreift.
Farbe, Form und Duft sind übrigens auf die Zielgruppe angepasst. So sind von Bienen besuchte Blüten oft blau, violett oder gelb und stark süsslich duftend. Demgegenüber stehen eher unangenehm riechende Blüten, welche bevorzugt Fliegen anlocken.
Genereller Aufbau von Blüten
Allgemein kann der Aufbau von Blüten folgendermassen in die einzelnen Bestandteile unterteilt werden:
Genereller Aufbau von Blüten
(Quelle: bearbeitet aus Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1102931)
Blütenboden: die 4 Blütenorgane (siehe obere Grafik: Kelch, Krone, Staub- und Fruchtblätter) treten alle aus dem Blütenboden hervor. Er ist die Sprossachse der Blüte (dieselbe Funktion wie der Stamm für die Äste, bzw. die Äste für die Blätter). Oft hat der Blütenboden eine becherförmige Form (dann "Blütenbecher" genannt). Das äusserste Organ ist immer der Kelch, gefolgt von der Krone, dann den Staubblättern und schliesslich im innersten den Fruchtblättern. Die zwei äusseren Organe, d.h. Kelch und Krone, bilden zusammen die Blütenhülle (Perianth).
Krone: bestehend aus den Kronblättern. Ihre Funktion liegt meist darin, potentielle Bestäuber (Insekten, Vögel) anzulocken bzw. fungieren als «Landeplatz». Die einzelnen Kronblätter können sowohl vollständig getrennt, als auch zusammengewachsen sein. Sind die Kronblätter zu einer Röhre zusammengewachsen, dann spricht man von einer «Kronröhre».
Hunds-Rose: randliche, rosa gefärbte, herzförmige und sich überlappende Kronblätter (Quelle: Membeth - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49078913)
Echtes Eisenkraut: zusammengewachsene, weiss-violette Kronblätter, die an der Basis eine Kronröhre bilden
(Quelle: bearbeitet aus Helge Klaus Rieder - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=91195956)
Wald-Erdbeere: runde, weisse, getrennte, sich nicht überlappende Kronblätter
(Quelle: I, KENPEI, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3944806)
Bei gewissen Arten bilden zusammengewachsene Kronblätter eine längliche hohle Aussackung, der Sporn genannnt wird:
Wald-Veilchen: die zusammengewachsenen Kronblätter bilden an der Basis einen länglichen Sporn
(Quelle: bearbeitet aus Kristian Peters -- Fabelfroh 18:50, 21 August 2006 (UTC) - Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1077698)
Kelch, bestehend aus den Kelchblätter (Sepalen): Dieser dient meist dem Schutz der Blüte im Knospenstadium. Zum Teil fallen die Kelchblätter nach dem Öffnen der Knospe ab.
Ruprechtskraut («stinkender Strochschnabel»): durch Kelchblätter umhüllte, geschlossene Blütenknospe (links) und geöffnete Blüte mit Kelchblätter an der Basis (rechts)
(Quelle: bearbeitet aus Stefan.lefnaer - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=55317299)
Rote Lichtnelke (Rotes Leimkraut / Rote Waldnelke): bei den Knospen wird die Krone durch rötliche Kelchblätter eingehüllt
(Quelle: bearbeitet aus I, Wildfeuer, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1406046)
Schmalblättriges Weidenrösschen: rosa-violette, herzförmige Kronblätter und dunklere längliche Kelchblätter
(Quelle: bearbeitet aus Michael Schmid - Selbst fotografiert, CC BY-SA 2.0 at, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=227524)
Klatsch-Mohn: die grünen, behaarten Kelchblätter fallen nach dem Öffnen der Knospe ab
(Quelle Gormé — Travail personnel, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33667941)
Manchmal können Kelchblätter aber auch Funktionen der Krone (Anlockung), bzw. die Kronblätter Funktionen von Kelchblätter (Schutz) übernehmen. Meistens sehen dann Kelch- und Kronblätter ähnlich oder sogar gleich aus. Man spricht in diesem Fall von "Perigonblätter" (Tepalen), bzw. "einfacher Blütenhülle". Sehen Kron- und Kelchblätter unterschiedlich aus, spricht man von einer "doppelten Blütenhülle".
Herbst-Zeitlose: Die Kelch- und Kronblätter sehen gleich aus, man spricht deshalb von Perigon-Blätter
(Quelle: Weddi - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=89033084)
Oft werden in der Literatur die Anzahl der Kron- oder Perigonblätter angegeben mit z.B. «4-zählig» oder «5-zählig».
Staubblätter (Stamina): Dabei handelt es sich um die männlichen Blütenorgane. Ein Staubblatt besteht aus einem Staubfaden und einem Staubbeutel. Im Staubbeutel werden die Pollen (mit den darin enthaltenen Spermien) gebildet und freigesetzt. Der Staubfaden trägt den Staubbeutel.
Echter Mädesüss: weisse Staubfäden und beige Staubbeutel
(Quelle: bearbeitet aus Frank Vincentz - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2261703)
Brombeeren: bei den Arten der Gattung Brombeeren findet man sehr viele Staubblätter (QueIle: Tony Wills, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3323932)
Persischer Ehrenpreis: Bei der Arten der Gattung Ehrenpreise finden sich jeweils nur zwei Staubblätter pro Blüte
(Quelle: bearbeitet aus Uoaei1 - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31667882)
Furchtblätter (Karpelle): Dabei handelt es sich um die weiblichen Blütenorgane. Ein Fruchtblatt besteht an der Basis aus dem Fruchtknoten. Dort befinden sich die Samenanlagen (aus denen sich nach der Befruchtung die Samen bilden). Der Fruchtknoten kann aus einer Kammer bestehen oder auch in mehrere Kammern unterteilt sein. Pro Kammer befindet sich, je nach Art, eine oder mehrere Samenanlagen.
Aus dem Fruchtknoten tritt ein Griffel aus, an dessen Ende sich die Narbe befindet. Sowohl mehrere Fruchtknoten, als auch mehrere Griffel können zusammengewachsen sein, man spricht dann auch vom «Stempel». An der Narbe können die Pollen landen und so via Griffel die Spermien in den Fruchtknoten befördern und damit die Eizellen im Embryosack der Samenanlagen befruchten.
Roter Hartriegel mit den mittigen grünen Griffel der Fruchtblätter
(Quelle: bearbeitet aus AnRo0002 - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35184731)
Gemeine Nachtkerze: Die vier Fruchtblätter sind an Fruchtknoten und Griffel zusammengewachsen (Stempel). Am Ende verzweigt sich der "Kombi"-Griffel zu einem Kreuz mit 4 Narben (siehe gelbes Kreuz im unteren Blütenbereich). Jede Narbe entspricht einem Fruchtblatt.
(Quelle: bearbeitet aus Derek Harper, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=13679654)
Eingriffeliger Weissdorn: mit (wie der Name schon sagt) nur einem Fruchtblatt
(Quelle: Jamain - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27438593)
Zweigriffeliger Weissdorn: mit zwei Fruchtblätter, bzw. dadurch zwei Griffel. Die spätere Frucht wird zwei Kerne haben
(Quelle Hedwig Storch - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32417542)
Wald-Storchschnabel: Die roten Griffel sind im Vergleich zu den violetten Staubblättern eher kurz. Hier treten 5 Griffel aus einem zusammengewachsenen Fruchtknoten aus
(Quelle: Opioła Jerzy - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1585255)
Mit der Position des Fruchtknotens bezüglich den Kron- und Kelchblättern unterscheidet man oberständig, mittelständig und unterständig:
Stellung des Fruchtknotens zum Blütenboden
(Quelle: bearbeitet aus Ulf Mehlig - Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=973436)
Florale Nektarien: Bei vielen Arten sind auf den Blüten Drüsen vorhanden, die Nektar (zuckerhaltiger Saft) abscheiden. Dies mit dem Ziel Bestäuber anzulocken. Je nach Art befinden sich die Nekatrien auf dem Blütenboden, den Kron- oder Kelchblätter, bzw. auf den Staub- oder Fruchtblätter. Kron- oder Staubblätter mit Nektarien nennt man auch «Nektarblätter» oder «Honigblätter».
Gewisse Nekarien sind innerhalb der Blüte so tief versteckt, dass sie nur von Insekten oder Vögel mit langen Rüsseln zugänglich sind (z.B. beim Wiesen-Salbei tief in der Kronröhre oder bei den Akeleien im Sporn).
Gemeine Akelei: die Nektarien sind im Sporn der «inneren» Perigonblätter versteckt und nur von Insekten mit langen Rüsseln (wie Hummeln) zugänglich
(Quelle: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=98621)
Nektarinen auf dem Blütenboden können auch zusammen einen ringförmigen Wulst (Diskus) bilden. Dies ist ist z.B. bei einigen Ahornen oder Doldenblütlern der Fall.
Blüte des Spitz-Ahorn mit dem gelbgrünen Diskus in der Mitte, welcher Nektar absondert um damit Insekten anzulocken
(Quelle: Famartin - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=88954963)
Klassifikation nach Symmetrieebenen
Häufig findet man in der Literatur bei den Blüten die Klassifikation nach Anzahl der Symmetrieebenen (Ebenen wo die Form gespiegelt werden kann). Bei den Symmetrieebenen müssen nicht nur der Kelch und die Krone, sondern auch die Anordnung der Staub- und Fruchtblätter berücksichtigt werden, Man unterscheidet:
aktinomorph: mehr als zwei Symmetrieebenen
disymmetrisch: genau 2 Symmetrieebenen
radiärsymmetrisch: mehr als 2 Symmetriebenen
zygomorph: nur eine Symmetrieebene
aktinomorphe, radiärsymmetrische Blüte der Wald-Erdbeere
(Quelle: bearbeitet aus I, KENPEI, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3944806)
Disymmetrie beim Wiesen-Schaumkraut (beachte die Staubblätter!)
(Quelle: bearbeitet aus Andreas Eichler, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32198546)
zygomorphe Blüte des Kriechenden Günsel
(Quelle: bearbeitet aus Bff - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8864720)
Blütenstand
Oft kommen mehrere Einzelblüten zusammen in einem Blütenstand (Infloreszenz) vor. Dabei sind die Einzelblüten über eine Sprossachse miteinander verbunden. Aus dem Aufbau der Verzweigungen lassen sich Blütenstände folgendermassen unterteilen (die Liste ist nicht abschliessend):
Ähre: ungestielte Einzelblüten aus einer unverzweigten Sprossache;
Aufbau einer Ähre am Beispiel vom Breitwegerich
(Quellen; CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=755456 und Rasbak - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=210595)
Traube: gestielte Einzelblüten aus einer unverzweigten Sprossache:
Aufbau einer Traube am Beispiel der Fieder-Zahnwurz
(Quellen: Amada44 - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3292333 und CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=134497)
Rispe: Einzelblüten aus Seitenzweigen einer verzweigten Sprossachse:
Aufbau einer Rispe am Beispiel des Wiesen-Labkraut
(Quellen: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=755437 und CC BY-SA 3.0 und https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7355)
Hat der rispige Blütenstand eine schirmförmige Form, spricht man von einer Schirmrispe oder Trugdolde:
Schirmrispe / Trugdolde am Beispiel der Vogelbeere
(Quellen: Von Amada44 - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3270843 und AnRo0002 - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40194350)
Dolde: Einzelblüten treten alle aus einem Punkt aus:
Aufbau einer Dolde am Beispiel vom Bärlauch
(Quellen: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=755458 und Rai'ike - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6654024)
Bei einer Doppeldolde verzweigen sich die doldig angeordneten Seitenachsen wiederum mit einer Dolde ab:
Doppeldolde am Beispiel des Wald-Engelwurz
(Quellen: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=755464 und Franz Xaver - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=621125)
Kopf: Einzelblüten sitzen direkt auf einer verdickten Sprossachse:
Aufbau eines Blütenkopfes am Beispiel des Wiesen-Klee
(Quellen: Amada44 - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3269563 und Ivar Leidus - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50438310)
Blütenkorb: Einzelblüten sitzen auf einer tellerartig verbreiterten Sprossachse;
Aufbau eines Blütenkorbes am Beipiel der Sonnenblume
(Quellen: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=755421 und Robert Kohlmann - eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=10427641)
Kätzchen: männliche (oder teils weibliche) Blütenstände von windblütigen Laubbäumen, die meist als hängende, dichte Ähren oder Trauben ausgebildet sind. Meist ist dabei die Krone der Einzelblüten stark reduziert (das Aussehen ist bei der Windverbreitung nicht so wichtig, da dazu kein Tier angelockt werden muss)
Aufbau eines Kätzchens (Ähre oder Traube) am Beispiel der Grau-Erle
(Quelle: Amada44 - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3270803 und Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=898323)
Blütenstands-Typen können auch kombiniert vorkommen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Kanadische Goldrute. Ihr Blütenstand besteht aus einer Rispe von Blütenkörben:
Blütenstand der Kandische Goldrute: Rispe aus gelben Blütenkörben
(Quelle: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=327511)
Aussenkelchblätter, Hüllkelch und Tragblätter
Gewisse Blüten haben nebst dem eigentlichen Kelch zusätzlich einen Aussenkelch oder ein Tragblatt. Um zu erklären, was das genau bedeutet müssen erst die Begriffe Hochblatt und Nebenblatt erläutert werden:
Hochblätter: Laubblätter im oberen Bereich einer Pflanze, dessen Form und Farbe von den übrigen Blätter abweicht.
Nebenblatt: blattähnliche Auswüchse am Grund eines Laubblattes
Warum der kleine Exkurs zu den Laubblätter?: Der Aussenkelch und Tragblätter sind streng genommen nicht Bestandteile der Blüte, sondern bestehen aus speziellen Hoch- oder Nebenblätter.
Aussenkelch: Kelch-ähnliche Hülle ausserhalb des Blütenkelches, der entweder durch Hoch- oder Nebenblätter gebildet wird. Ist ein typischer Kelch und ein Aussenkelch vorhanden, spricht man auch von einem «doppelten Kelch».
Indische Scheinerdbeere: Es ist sowohl ein Kelch (spitze, etwas hellere Kelchblätter), als auch ein ein Aussenkelch (aus dreiteiligen Hochblatter) vorhanden. Sie hat demnach eine "doppelter Kelch"
(Quelle: ©nahhan - stock.adobe.com)
Hüllkelch: Der Hüllkelch ist quasi der Kelch von Blütenständen. Er besteht es aus Hochblättern, den sogenannten «Hüllblätter»:
Gemeines Kreuzkraut: grüner Hüllkelch des Blütenkopfes
(Quelle: bearbeitet aus Javier martin - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11350757)
Spelzen: Hochblätter bei Ähren an der Basis der Einzelblüten. Kommt bei Gräser und Scheingräser vor.
Tragblatt (von Blüten) = Deckblatt: Ein Hochblatt, aus dessen Blattachse ein Blütenstiel abzweigt
Gefingerter (links) und Hohler Lerchensporn (rechts): Tragblätter aus den Achsel der Blütenstiele
(Quelle: Christian Fischer, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18940475)
Spreublätter: reduzierte Tragblätter zwischen den Einzelblüten eines Blütenkorbes. Kommt bei den Korbblütlern und den Kardengewächsen vor (siehe Abschnitt «Korbblütler).
Zwittrige, männliche und weibliche Blüten
Kommen sowohl fertile Staub- und Fruchtblätter in der Blüte vor, spricht man von zwittrigen Blüten. Kommen nur Staubblätter vor, bzw. sind nur die Staubblätter fertil, dann sind es männliche Blüten. Analog dazu sind es bei nur Fruchtblätter, bzw. wenn nur die Fruchtblätter fertil sind, weibliche Blüten.
Selbstbestäubung kann ein Problem sein (Inzucht), vor allem bei windbestäubenden Pflanzen. Um das zu lösen hat die Evolution verschiedenen Mechanismen entwickelt. Dies kann z.B. eine Prüfung des Pollens, der auf der Narbe landet, sein. Daneben gibt es weitere Strategien:
Dichogamie: Die zwittrigen Blüten sind entweder vorweiblich- oder vormännlich. Erst reifen die Fruchtblätter und dann die Staubblätter (vorweiblich), oder erst die Staubblätter und dann die Fruchtblätter (vormännlich). Die zeitliche Trennung kann entweder vollständig (komplette Verhinderung der Selbstbestäubung) oder teilweise überlappend sein (falls die vorweibliche Blüte bisher unbestäubt geblieben ist, kann sie jetzt immerhin noch selbstbestäubt werden).
Spitzwegerich (vorweiblich): Im ährigen Blütenstand reifen die Einzelblüten von unten nach oben. Erst reifen die Fruchtblätter (oberer Bereich der Ähre mit hellgrünen Griffeln), danach die Staubblätter (unterer Bereich der Ähre mit dicken beigen Staubbeuteln)
(Quelle: © Hans Hillewaert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1179434)
Diklinie: Eine Blüte ist entweder nur männlich oder nur weiblich ausgebildet (getrennt-geschlechtlich). Kommen sowohl weibliche, als auch männliche Blüten auf derselbem Individuum vor, dann ist die Pflanze einhäusig (monözisch). Dabei kann Selbstbestäubung zusätzlich verhindert werden, indem entweder die männlichen oder die weiblichen Blüten zuerst blühen. Noch besser ist es, wenn auf einem Pflanzen-Individuum nur entweder weibliche oder männliche Blüte auftreten, man spricht dann von einer zweihäusigen (diözischen) Pflanze.
Grosse Brennnessel: Männliche (links) und weibliche (rechts) Blüten. Die Grosse Brennnessel ist zweihäusig
(Quellen: Frank Vincentz - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2513934 und https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2513964)
Salweide: Männliche (links) und weibliche (rechts) Blütenkätzchen. Die Salweide ist ebenfalls zweihäusig
(Quellen: Didier Descouens - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=14469801 und T. Kebert - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=102506437)
Immense Blüten-Vielfalt
Zwischen den verschiedenen Pflanzenarten gibt es nun Unterschiede in der Grösse, Farbe, Form, Anzahl und Auftreten der einzelnen Bestandteilen. Und so viele unterschiedliche Arten es gibt, so viele starke Abweichungen, Ausnahmen und Sonderformen treten zusätzlich im Blütenaufbau auf. Die Vielfalt ist einfach immens!
Innerhalb von Pflanzenfamilien weisen die Arten jedoch oft ähnliche Blütenformen auf. Die Bestandteile dieser Blütentypen kriegen dabei meist ihre eigenen Spezialnamen. Und genau diese Beschreibungen liesst man dann in der Literatur wenn z.B. von folgenden Sätzen der Fall ist (Quellen jeweils Wikipedia):
Acker-Kratzdistel (fam. Korbblütler ): «…Der Blütenstand enthält, wie bei allen Arten der Tribus Cardueae nur Röhrenblüten…»
Hohen Steinklee (unterfam. Schmetterlingsblütler): «…Der Flügel und das Schiffchen sind in etwa so lang sind wie die Fahne….»
Gundermann (fam. Lippenblütler): «…Die Oberlippe der Krone ist flach und hat drei dreieckige Zähne….Die Unterlippe hat zwei Zähne…»
Auf die spezifischen Blüten-Eigenschaften der in Mitteleuropa am häufigsten natürlich vorkommenden Pflanzenfamilien beschreibe ich im Artikel Die wichtigsten Pflanzenfamilien – Ordnung schaffen in der unendlichen Pflanzen-Vielfalt. Dort findest du alle Infos, damit du auch verstehst, was in der Literatur mit solchen eben genannten Begriffen gemeint ist.
Fazit
Blüten weisen eine immense Formenvielfalt auf. Gemeinsam haben sie jedoch den generellen Aufbau in Kelch, Krone, Staub- und Fruchtblätter. Dazu haben Arten derselben Pflanzenfamilie in der Regel gemeinsame Charakteristiken.
Wenn du draussen Pflanzen mit Hilfe der Blüteneigenschaften bestimmst, empfehle ich dir einen Blick auf den allgemeinen (bzw. familienspezifischen) Blütenaufbau zu entwickeln. Wenn du die Beschreibungen in der Literatur verstehen willst, hilft es auch mit der Nomenklatur vertraut zu sein. Mit Übung wirst du dabei an Sicherheit gewinnen.
Übe draussen an Wildpflanzen oder auch im Garten mit Zierpflanzen. Gehe die einzelnen Bestandteile der Blüte durch. Wenn nicht gerade die richtige Jahreszeit dazu ist, dann schaue dir Bilder an, denn diese sind nur eine Google-Suche oder einen Wikipedia-Artikel entfernt.
Viel Spass mit den Blüten, sei es zum Anschauen, zur Bestimmung oder zum leckeren Verspeisen!
David
Quellen
Bruno P. Kremer (2010) – Bäume & Sträucher, 1. Auflage, ISBN 978-3-8001-5934-5.
Flora Helvetica für Smartphones und Tablets Version 2.3.1 (2021).
Otmar Diez (2019) – Unsere essbarem Bäume und Sträucher, 81 Arten sicher bestimmen, Achtsam sammeln, einfach zubereiten, ISBN 978-440-16465-5.
Rene Fester Kratz (2013) – Allgemeine Botanik für Dummies, 1. Auflage 2013, ePDF ISBN 9783527668083
Rita Lüder (2004) – Grundkurs Pflanzenbestimmung, Eine Praxisanleitung für Anfänger und Fortgeschrittene, 9. Auflage 2020, ISBN 978-3-494-01844-7
Rudi Beiser (2014) – Unsere essbaren Wildpflanzen, Bestimmen, sammeln und zubereiten, ISBN 978-3-440-14514-2.
Steffen Guido Fleischhauer, Jürgen Guthmann und Roland Spiegelberger (2020) – Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen, 2000 Pflanzen Mitteleuropas, Bestimmung, Sammeltipps, Inhaltsstoffe, Heilwirkung, Verwendung in der Küche, 12. Auflage, ISBN 978-3-03800-752-4.
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