Wenn es etwas Charakteristisches für Pflanzen gibt, dann sind es die Blätter, denn sie machen letzten Endes das «Grünzeug» daraus. Ein Wald ohne Blätter (so wie in unseren Laubwäldern während den kalten Monaten) ist in der Regel zwar nicht abgestorben, macht aber dennoch gerade "eine grosse Pause". Ist dann der Frühling schliesslich eingetroffen, verwandelt sich dieser dann von einer braunen Einöde wieder zu einem grünen Paradies voller Lebendigkeit.
frisches Grün im Wald
Bei den essbaren Wildpflanzen eignen sich frisch ausgetriebene Blätter ausgezeichnet für eine Rohkost, entweder direkt im Wald oder Zuhause in Form eines Salates. Meist sind auch etwas ältere Blätter noch geniessbar, dann jedoch eher gedünstet als Spinat oder in Form von Tee.
Wildkräuter-Salat im Frühling
Was haben denn diese Blätter für eine Funktion und wie sind Sie aufgebaut? Warum sind sie ausgerechnet grün? Im Artikel «Blätter von Wildpflanzen – Bestimmungsmerkmale (der grosse Überblick)» zeige ich die Unterscheidungsmerkmale der Blätter, die für die Pflanzenbestimmung wichtig sind anhand von vielen Beispielen aus der freien Natur. Wenn es dich ausserdem auch noch Wunder nimmt, was die Blätter sonst noch ausmacht, wie sie funktionieren und wie sie aufgebaut sind, dann bist du hier genau richtig, denn genau darum geht es in diesem Artikel.
Laubblatt einer Rotbuche
(Quelle: Willow - Eigenes Werk, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2826508)
Das primäre Ziel der Blätter ist es, Photosynthese zu betreiben. Aus CO2 der Luft und Wasser aus dem Boden wird, mit Hilfe von Licht, der Zucker hergestellt. Diesen Zucker benötigt die Pflanze einerseits für die Energiegewinnung, anderseits braucht sie ihn, umgewandelt zu Zellulose, auch als Baustoff. Man kann die Blätter also als die Solarzellen der Bäume bezeichnen.
Die Photosynthese findet innerhalb der Zellen in den Chloroplasten statt. Der produzierte Zucker wird danach im dafür eigenen Leitungssystem, dem «Phloem», in andere Bereiche der der Pflanze transportiert, wie z.B. zur Wurzel für die Speicherung (meist umgewandelt in Stärke) oder zum Wachstumsgewebe, wo er als Baustoff verwendet wird.
Inhaltsverzeichnis
Aufbau von Blätter
Das Blatt wird in zwei Hauptbereiche, dem Ober- und dem Unterblatt unterteilt.
Blattaufbau beim Kleinen Springkraut
(Quelle: bearbeitet aus I, Jörg Hempel, CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2558356)
Oberblatt: Es besteht aus dem Blattstiel und der Blattspreite. Die Blattspreite ist der eigentliche Hauptbereich des Blattes. Fehlt der Blattstiel, spricht man von einem «sitzenden» Blatt.
sitzende Blätter (ohne Stiel) beim Echten Johanniskraut
(Quelle: Dataportal - Transferred from en.wikipedia.org [1]: 2007-09-19 19:35 . . Dataportal . . 540×720 (308 KB), Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4069383)
Die Blattspreite kann wiederum in einzelne Teilblättchen (Fiedern) oder durch tiefe Einschnitte im Blatt, in einzelne Abschnitte («Lappen») unterteilt sein
Blattaufbau bei der Hundsrose mit Teilblätter (Fiedern) und Nebenblätter
(Quelle: bearbeitet aus Michael Becker - taken by Michael Becker, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=222713)
Blattaufbau beim Berg-Ahorn mit Unterteilung in Lappen, die sich durch tiefe Einschnitte am Blattrand ergeben
(Quelle: bearbeitet aus © kazakovmaksim - stock.adobe.com)
Unterblatt: Die Basis des Blattstieles nennt man Blattgrund, dieser ist teilweise etwas verdickt. Bei gewissen Pflanzen befinden sich am Blattgrund kleine Nebenblätter (siehe obige Bilder), die aber oft kurz nach dem Blattaustrieb abgeworfen werden.
Anatomie der Blattspreite
Die Blattspreite weist folgende Anatomie auf:
Genereller Aufbau eines Blattes
(Quelle: H McKenna - German version of File:Leaf anatomy.svg, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1023718)
Epidermis: Wie jeder Bereich der Pflanze, muss auch das Blatt vor Einwirkungen (Fressfeinde, Verdunstung, UV-Strahlung) von aussen geschützt werden. Die äusserste Zellschicht besteht deshalb aus der «Epidermis», dem schützenden Abschlussgewebe. Ausserhalb davon befindet sich zusätzlich eine wachsartige Schicht aus Kutin, die Kutikula. Damit trotz dieser Barriere ein Stoffaustausch nach aussen stattfinden kann (Aufnahme von CO2, Verdunstung von Wasser zwecks Regulation des Leitungsgewebes), sind auf der der Epidermis auch Spaltöffnungen (Stomata) verteilt. Ein Stoma besteht zwei Schliesszellen, die bei Bedarf das Tor öffnen und schliessen können.
Die Epidermis ist das äussere Abschlussgewebe des Blattes
(Quelle: ©Sylvie Thenard - stock.adobe.com)
Wenn Blätter behaart sind, dann nennt man die Haare Trichome. Dabei handelt es um Auswüchse der Epidermis. Am Trichom kann aber auch Gewebe unter der Epidermis beteiligt sein (Emergenzen). Die Haare selbst können unverzweigt oder verzweigt sein. Solche Haare oder ganz kleine einzellige Härchen können verschiedene Funktionen erfüllten, wie z.B. den Wind an der Oberfläche (und so die Verdunstung) zu reduzieren, die Menge an Sonnenlicht und somit die Erhitzung abzudämpfen oder um Fressfeinde fernzuhalten. Bei letzteren werden durch Drüsenzellen Öle/Gifte freigesetzt (z.B. Brennnessel). Gewisse Haare fungieren als Kletterhilfe (Kletten-Labkraut) und daneben gibt es auch noch zahlreiche weitere Funktionsweisen.
durch Kieselsäure verstärkte Brennhaare am Stiel der Grossen Brennnessel. Am Spitz befindet sich ein Köpfchen, dass bei Berührung an der Sollbruchstelle abgetrennt wird, wodurch der scharfe Spitz in die Haut eindringen und dort Ameisensäure einspritzen kann
(Quelle: Jerome Prohaska - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2174504)
das Kletten-Labkraut kann mit Hilfe seiner Borstenhaaren an anderen Pflanzen (aber auch Zäunen, etc) hochklettern
(Quelle: Harry Rose from South West Rocks, Australia - Galium aparine branch5, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40470572)
Mesophyll (Blattparenchym): Es ist das Gewebe im Innern des Blattes. Es wird unterschieden zwischen dem Palisadenparenchym (meist auf der Blattoberseite) und dem Schwammparenchym (meist auf der Blattunterseite). In eben genannter Anordnung gibt es zahlreiche Ausnahmen, wie z.B. bei den Kiefern, wo auf beiden Blattseiten Palisadenparenchym ansteht und das Schwammparenchym in der Mitte liegt.
im Palisadengewebe auf der Blattoberseite findet die Photosynthese und im Schwammgewebe auf der Blattunterseite der Gasaustausch statt
(Quelle: bearbeitet aus ©Aldona - stock.adobe.com)
Palisadengewebe (Palisadenparenchym): Besteht aus einer bis drei Lagen stark vertikal gestreckter Zellen. Mit einer hohen Anzahl an Chloroplasten findet hier der grosse Anteil der Photosynthese statt.
Schwammgewebe (Schwammparenchym): Die Zellen haben nur ganz wenig Chloroplasten, dafür grosse Lufträume zwischen den Zellen, die im Austausch mit den Stomata auf der Blattunterseite stehen. Das Schwammparenchym dient zum Gasaustausch zwischen Blatt und Umgebung.
Leitbündel: Es sind die Bündel des Leitungsgewebes, also dem Transportsystem der Pflanze. Sie befinden sich etwa in der Mitte zwischen Palisaden- und Schwammgewebe. Sie sind über den Blattstiel mit dem Leitungsgewebe des Spross (Stängel, Ast oder Stamm der Pflanze) und so mit dem Rest der Pflanze verbunden. Leitbündel im Blatt werden oft durch eine Endodermis (Bündelscheide) umhüllt, welche den Stoffaustausch zwischen Blattgewebe und Leitungsgewebe reguliert.
Man unterscheidet die zwei getrennten Leitungsnetze «Xylem» (oben im Leitbündel) und «Phloem» (unten im Leitbündel). Das Xylem dient dem Transport von Wasser und Mineralstoffen aus der Wurzel (wo sie vom Boden aufgenommen werden) in die Blätter und das Phloem ist für den Zuckertransport zwischen den Blättern und anderen Bereichen der Pflanzen zuständig.
Die Leitbündel sind so eng angeordnet, dass der Weg von einer Zelle zum nächstgelegenen Leitgewebe sehr kurz ist (meist höchstens 7 Zellen). Das Leitungsnetz kann in der Regel von blossem Auge betrachtet werden («Adernetz»). Die Anordnung kann eine Verzweigung zu immer feineren Strukturen (Netznervatur) oder einen parallelen Verlauf (mit einzelnen feinen Querbündel, Paralellnervatur) darstellen. Eine dem Blattstiel fortsetzende Hauptader nennt man «Mittelrippe», bzw. solche die davon abzweigen «Seitenrippen».
Netznervatur beim Oregano
(Quelle: ©margo555 - stock.adobe.com)
deutliche Gliederung in Haupt- und Seitenrippe bei der Hainbuche. Unter anderem lässt sich an der Anzahl Seitenrippen die Hainbuche (10 bis 15 Paare) von der (nicht direkt verwandten) Rotbuche (6 bis 7 Paare) unterscheiden
(Quelle: Rasbak - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=213248)
Parallelnervatur beim Bärlauch
(Quelle: ©Xavier - stock.adobe.com)
Warum sind die Blätter grün?
Der primäre Zweck der Blätter liegt in der Photosynthese, also der Bildung von Zucker mit Hilfe von Licht. Dieser Prozess findet in den Chloroplasten statt. Darin wird die Energie des Lichtes quasi «eingefangen». Dies geschieht mit Hilfe der Moleküle «Chlorophyll a» und «Chlorophyll b». Diese befinden sich in den Chloroplasten an den Membranen der Thylakoide (siehe untere Grafik).
Aufbau eines Chloroplasten
(Quelle: bearbeitet aus ©designua - stock.adobe.com)
Das sichtbare Licht, dass von der Sonne emittiert wird und die Erdoberfläche erreicht, liegt in einem Wellenlängenbereich von ca. 400 bis 700 Nanometer. Jeder Wellenlängenbereich entspricht einer bestimmten Farbe und reicht von violett und blau («kurzwellig») zu grün, gelb, orange und schliesslich rot (langwellig). Das Maximum der Strahlungsintensität liegt dabei im mittleren grünen Bereich. Die Mischfarbe dieses gesamten Spektrums nehmen wir Menschen übrigens als «weiss» wahr.
Spektrum des sichtbaren Lichtes: Die maximale Strahlungsintensität liegt im mittleren grünen Bereich
(Quelle: Horst Frank / Phrood / Anony - Horst Frank, Jailbird and Phrood, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3726606)
Das Spektrum, welches «Chlorophyll a» und «Chlorophyll b» einfangen können, liegt in den beiden randlichen Bereichen, also bei violett/blau und rot. Der mittlere grüne und gelbe Bereich wird dabei grösstenteils reflektiert (mit der Mischfarbe, die wir als «Blattgrün» wahrnehmen): Das Blatt ist also grün, weil von der urprünglichen weissen Farbmischung der Sonne nur die grünen Farbanteile «ungenutzt» reflektiert werden.
Absorbtionsspektrum von Chlorophyll a und b, sowie dem Hilfspigment Beta-Carotin
(Quelle: Lichtabsorbtion_eines_buchenblattes.svg: Lanziderivative work: Matt (talk) - Lichtabsorbtion_eines_buchenblattes.svg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7488634)
Ein Teil des nicht genutzten grünen Bereiches kann durch die Moleküle Beta-Carotin und Lycopin (beides «Carotine») als «Hilfspigmente» erschlossen werden. Die dabei absorbierte Energie wird dem Chlorophyll weitergeleitet.
Die Energie, welche letztendlich einfangen wird, sind Elektronen im Chlorophyll, welches durch das einfallende Licht angeregt, d.h. in einen höheren energetischen Zustand überführt werden. Bevor diese wieder in den Normalzustand zurückfallen, werden sie der «Elektronentransportkette» überführt, wo dem Elektron schrittweise die Energie "weggenommen" wird, Aus dieser Energie werden dann über mehrere Umwege aus CO2 und Wasser die Zuckermoleküle (Glukose: C6H12O6) gebildet.
Herbstverfärbung: Bei Pflanzen mit herbstlichen Laubabfall wird davor das Chlorophyll abgebaut. Dabei werden die darin enthaltenen «wertvollen» Mineralstoffe wie Stickstoff, Phosphat (sind im Boden einfach nicht in unbegrenzter Menge verfügbar) aber auch Proteine, Kohlenhydrate und Fette im Spross oder der Wurzel über den Winter gespeichert. Durch das Fehlen des Chlorophylls in den Tagen vor dem Laubabfall kommt auch die herbstliche Blattverfärbung zustande, denn nun dominieren beim reflektierten Farbspektrum in den Zellen die Carotine (orange), Anthocyane (rot) und Gerbstoffe (braun, bei Buchen oder Eichen). Das Blatt stirbt, sobald am Blattstiel die Leitbündel abgetrennt werden.
Herbstverfärbung der Rotbuche
(Quelle: Michael Fiegle - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29172955)
Apropos Anthocyane: Wenn beim frischen Blattaustrieb die Wachsschicht der Epidermis noch nicht vollständig ausgebildet ist, wäre die Pflanze stark dem UV-Licht der Sonne ausgesetzt. Deshalb werden in den jungen Blättern vermehrt Anthocyane produziert. Diese absorbieren die UV-Strahlung, aber eben auch blaue und grüne Licht-Anteile. Junge Blätter sind so teilweise leicht rötlich gefärbt. In dem der Anthocyan-Gehalt später wieder abnimmt, «vergrünen» sie dann aber mit der Zeit.
leicht rötlicher Austrieb bei der Traubenkirsche (links) und dem Roten Holunder (rechts)
Anthocyane färben die Pflanze übrigens nicht immer rot, sondern je nach pH-Wert in der Zelle auch violett, blau oder grün.
Was sind Nadeln?
Wenn ich bisher von Blättern gesprochen haben, handelte es sich um Laubblätter, also Blätter die gegenüber ihrer Länge eine grosse Breite aufweisen.
Bei den Nadeln der Nadelbäume, dessen Breite gegenüber der Länge stark reduziert ist, handelt es sich genauso um Blätter, einfach mit einer länglichen Form. Dies ist v.a. darum von Vorteil, weil viele Nadelbäume in der Regel wintergrün sind, d.h. die Nadeln bleiben über den Winter am Baum. Dies führt in dieser Jahreszeit zum einem gewissen Wasserverlust, den es zu minimieren gilt. Und durch genau wegen dieser länglichen Form der Nadeln wir dieser reduziert (wegen der geringeren Oberfläche).
die Blätter der Waldkiefer sind nadelförmig ausgebildet. Ausserdem bilden sie Harz als Schutz gegen Feinde
(Quelle: ©l - stock.adobe.com)
Die meist dickere Kutikula bietet zusätzlichen Schutz. Eine Besonderheit bei den Nadelbäumen ist ausserdem, dass die Nadeln oft Zellen enthalten, die Harz produzieren, welches über eigene Harzkanäle transportiert wird. Das Harz dient zum Schutz gegen Insekten- und Pilzbefall.
Querschnitt durch eine Nadel der Waldkiefer, mit einem dünnen äusseren Palisadengewebe auf beiden "Nadelseiten" und dem inneren Schwammgewebe. In der Mitte befinden sich zwei Leitbündel. Eine Sonderform bei vielen Nadelbäumen ist ausserdem, dass zum Schutz vor Feinden, Harz in den Harzkanälen transportiert wird
(Quelle: bearbeitet aus Lord of Konrad - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9723149)
Laubblatt, Hochblätter, Niederblatt und Tragblatt
Was denkst du, sehen alle Blätter einer einzelnen Pflanze gleich aus? Nicht immer, oft unterscheidet sich die Form oder Farbe der Blätter im oberen oder unteren Bereich einer Pflanze gegenüber dem mittleren «Hauptteil». Man spricht in diesem Fall von Hochblättern (oberer Bereich der Pflanze), bzw. Niederblättern (unterer Bereich der Pflanze). Die «normalen» (mittleren) Blätter nennt man dann Laubblätter.
Laubblätter und Hochblätter (im Bereich der Blütenstände) bei der Kohl-Kratzdistel
(Quelle: bearbeitet aus Boris Gaberšček - http://www2.arnes.si/~bzwitt/flora/cirsium_oleraceum.html, CC BY 2.5 si, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=41041437)
Wenn ein Blatt an der Abzweigung zu einem Seitenspross steht, nennt man es Tragblatt (kann ein Laubblatt, Niederblatt oder Hochblatt sein).
Gefingerter (links) und Hohler Lerchensporn (rechts): Tragblätter aus den Achseln der Blütenstiele
(Quelle: Christian Fischer, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18940475)
Spezielle Blätter
Zum Schluss will ich noch auf die Exoten unter den Blättern eingehen. Am Anfang habe ich erwähnt, dass das primäre Ziel der Blätter die Photosynthese sei. Dies stimmt auch in der Regel, doch jede Regel hat Ausnahmen. So hat die Evolution auch Blätter hervorgebracht, dessen Funktion eine ganz andere ist:
Dornen: Diese dienen vor allem dem Schutz vor Fressfeinden. Dabei kann es sich sowohl um umgebildete Blätter (z.B. bei der Berberitze) oder Nebenblättern (z.B. bei der Robinie), aber auch um umgebildete Sprossachsen (Stängel, Ast; z.B. Schlehe, Weissdorn) handeln. Dornen sind ausserdem von Stacheln abzugrenzen. Letzteres sind keine Blätter oder Sprossachse, sondern lokale Auswüchse der Sprossachse (z.B. Brombeeren, Hundsrose) oder der Blätter (z.B. Kratzdisteln).
die Gewöhnliche Berberitze bildet Dornen aus umgewandelten Blättern
Nebenblattdornen (umgebildete Nebenblätter) bei der Robinie
(Quelle: Kenraiz - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2709307)
Brutknospen: Diese dienen der vegetativen (ungeschlechtlichen Vermehrung). Sobald sie reif sind fallen sie runter auf den Boden und bilden Wurzeln aus. Dabei entsteht aus der ursprünglichen Pflanze ein neues Individuum, bzw. ein Klon. Brutknospen findet man beispielsweise bei der Zwiebel-Zahnwurz.
kugelige, braun-violette (essbare!) Brutknospen in den Blattachseln der Zwiebel-Zahnwurz.
Zwiebeln: Sie befinden sich meist unterirdisch. Dabei handelt es sich nicht um Wurzeln (Wurzeln dienen primär der Aufnahme von Wasser- und Mineralstoffen), sondern um spezialisierte Blätter (genauer gesagt Niederblätter) zur sicheren Nährstoff-Speicherung, z.B. für die Überwinterung. In der freien Natur sind es vor allem die Arten der Liliengewächse (z.B. Tulpen, Gelbsterne, Achtung giftig!) und der Amaryllisgewächse (Barlauch, Schnittlauch, Küchenzwiebel), die Zwiebeln ausbilden. Die Zwiebelblätter sind meist röhrenförmig und entspringen an der Basis, die "Zwiebelkuchen" genannt wird.
Querschnitt durch eine Küchenzwiebel
(Quelle: bearbeitet aus Amada44 - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3360289)
Blattranken: Hier sind die Blätter fadenförmig umgewandelt und dienen dem Festhalten an einem Objekt (andere Pflanze, Zaun,..) durch Umschlingen. Dies mit dem Ziel sich daran festzuhalten oder sich daran hochzuwinden. Ranken können sich auch aus der Sprossachse bilden.
bei den äusserten Blattfiedern der Zaun-Wicke handelt es sich um Ranken
(Quelle: Frank Vincentz - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2159934)
Sukkulente Blätter: dienen der Wasserspeicherung. Die Blätter haben durch das "Aufblasen mit Wasser" meist einen dicken Querschnitt
mit Wasser aufgeblasene Blätter der Aloe Vera
(Quelle: Rae Allen - https://www.flickr.com/photos/raeallen/7049539727/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=90086680)
Quellen
Flora Helvetica für Smartphones und Tablets Version 2.3.1 (2021).
Joachim W. Kadereit, Christan Körner, Benedikt Kost und Uwe Sonnewald (2014) – Strasburger Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, 37. Auflage, ISBN 978-3-642-54435-4 (eBook)
Rene Fester Kratz (2013) – Allgemeine Botanik für Dummies, 1. Auflage 2013, ePDF ISBN 9783527668083
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