Wer regelmässig draussen übernachtet kennt die Regel: In klaren, windstillen und kalten Nächten soll der Schlafplatz nicht in einer Mulde aufschlagen werden, weil sich dann an solchen Standorten ein Kaltluftsee bildet. Gerade in klaren Nächten ist nächtlicher Tau ein Thema und schläft man offen (ohne geschlossenes Zelt), dann ist der Schlafsack am nächsten Morgen meist "plotschnass". Manchmal fühlt sich ein Schlafplatz auch so an, als würde die Wärme so richtig «vom Boden herausgesaugt» werden, d.h. der Wärmefluss kann je nach Untergrund unterschiedlich sein. Ausserdem sind bekanntlich Nächte, in denen der Himmel bewölkt ist oder der Wind weht, in der Regel wärmer als bei klarem Himmel und Windstille. Zuletzt ist auch das Thema der Klimaerwärmung mit dem «Treibhauseffekt» immer wieder in der Öffentlichkeit prominent. Alle diese Phänomene haben mit der Energiebilanz am Boden zu tun, d.h. einem Zusammenspiel aus Sonneneinstrahlung, Infrarotabstrahlung- und -Absorption, Wärmeleitung in und aus dem Boden, sowie Verdunstung/Kondensation von Wasser.
Wenn du diese Prozesse verstehst, dann weisst du am Ende auch mehr unsere faszinierende Natur und bist in der Lage ihre Phänomene draussen zu lesen und interpretieren. Dabei wirst du naturverbundener, kannst du dich in der Natur besser Zuhause fühlen und wirst bei deinen Outdoor-Unternehmungen bessere Entscheidungen treffen.
Wer draussen unterwegs ist, kann die Phänomene des Wetters hautnah miterleben, bzw. ist denen direkt ausgesetzt. Durch das Verständnis dieser Prozesse kann nicht nur tiefer in die Natur eingetaucht, sondern es können auch bessere Entscheidungen getroffen werden!
Was es sich mit der Lufttemperatur und dem Wärmehaushalt in der Natur auf sich hat, zeige ich dir in diesem Artikel. Dabei werde ich erst die Wärmebilanz am Erdboden vorstellen. Danach werde ich die Prozesse des täglichen Temperaturverlaufs erläutern, d.h. wie diese durch verschiedene äusserliche Einflüsse wie Sonneneinstrahlung, Windverhältnisse, aber auch Untergrund, Bodenbedeckung, Hanglage, Stadt/Land, beeinflusst werden Dabei werde ich auch damit assoziierte Phänomene wie Albedo, Tau, Bodennebel, Wärmestrahlung und Treibhauseffekt vorstellen. Ausserdem zeige ich dir, wie du dieses Wissen bei deinen Outdoor-Abenteuern in diverse Entscheidungen einfliessen lassen kannst.
Wie du mit aus der Analyse der Wolken und den Farben / Farbphänomene in der Atmosphäre Rückschlüsse über das derzeitige und kommende Wetter ziehen kannst, habe ich bereits in früheren Blog Artikel erläutert:
Inhaltsverzeichnis
Wichtigkeit der Temperatur und Energiebilanz im Outdoor
Ob es gerade kalt, warm oder heiss ist, ist eines unserer wichtigsten und prägendsten Sinneseindrücke. Dieses Sensorium ist überlebenswichtig, denn der Mensch muss als Warmblütler seine Körperinnentemperatur kontant auf 36 bis 37°C halten können. Während man drinnen in der Wohnung einfach etwas am Rad des Thermostates drehen kann, ist man draussen dem herrschenden Wetter direkt ausgesetzt und nur selten liegt gerade die optimale Wohlfühl-Temperatur vor. Schaut man sich die Jahresdurchschnittstemperaturen bei uns in Mitteleuropa an, wie z.B. 9.9°C für die Stadt Zürich, dann ist es klar ersichtlich, dass es bei uns die meiste Zeit (ausser im Sommer) zu kalt ist. Bei den Jahresdurchschnitts-Tiefsttemperaturen (5.4°C für die Stadt Zürich) sieht man, dass dies vor allem auf die Nächte zutrifft und zwar über das gesamte Jahr (auch die Durchschnitts-Tiefsttemperaturen für Juli betragen nur 13.7°C). Ist man in erhöhten Lagen, bzw. im Gebirge unterwegs, wird das Ganze noch extremer.
Natürlich ist bei uns über die Sommermonate auch die Hitze, bzw. die Schutz vor Überhitzung, ein Thema. Auch bei körperlichen Anstrengungen haben wir es bekanntlich lieber etwas kühler. In anderen Regionen dieser Welt (d.h. tieferen Breitengraden) ist sogar das Thema «Schutz für Überhitzung» die meiste Jahreszeit der überlebenswichtige Faktor.
beim Klima in Mitteleuropa ist bei Outdoor-Unternehmungen vor allem der Schutz vor Unterkühlung ein Thema
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Zürich#Klima
Bereits unsere Vorfahren, die als Jäger und Sammler Europa besiedelt hatten, müssten sich an dieses im Grunde lebensfeindliche Klima anpassen. Die Besiedelung Europas hat sogar in der letzten Eiszeit stattgefunden, wo die Klimabedingungen noch deutlich kälter waren. Während unsere heimischen Tiere ohne Hilfsmittel mit der Kälte klarkommen, würde hier jeder Mensch (spätestens im Winter) erfrieren, wenn er nackt ausgesetzt würde. Was der Mensch aber physiologisch nicht in der Lage ist, macht er durch seinen Intellekt wieder wett: Die Steinzeitmenschen haben sich dabei mit selbstentwickelten Hilfsmitteln wie Kleider, der Beherrschung des Feuers und dem Bau von wettersicheren Unterkünften an die widrigen Umweltbedingungen angepasst.
Beim eher kalten Klima Mitteleuropas sind wir Menschen auf technischen Materialen wie Kleider und technischen Fertigkeiten wie der Beherrschung von Feuer angewiesen
(Quelle: bearbeitet aus ©de Art - stock.adobe.com)
Auch heute, wenn wir bei Outdoor-Unternehmungen unterwegs sind, hat sich das Ganze im Wesentlichen eigentlich nicht verändert, nur das sich unsere technischen Hilfsmittel (wie Gore-Tex Kleider, Ultralight-Zelte, Feuerzeug, etc.) etwas weiterentwickelt haben. Und dabei ist der Wärmehaushalt immer noch einer der wichtigsten Faktoren. Ob du bei einer Outdoor-Unternehmung draussen geschwitzt oder gefroren hast, an das wirst du dich meist später noch gut daran erinnern können. In den Survival-Kursen wird vermittelt, dass die erste Priorität immer beim Schutz vor dem «lebensfeindlichen Klima» liegen muss, denn wenn du in der ersten Nacht erfriert, bringt dir auch die gesammelte Nahrung / Wasser nichts. Egal ob damals in der Steinzeit oder heute, das Verständnis, die Analyse und Beurteilung der meteorologischen Aspekte der Natur ist ein sehr wichtiger Aspekt und genau darum geht es ja hier bei erdflow.com :-)
Spätestens beim Klimawandel bekommt das Ganze jedoch eine Dimension die über «Outdoor-Spielereien» hinaus geht. Denn dieses Thema ist für die menschliche Zivilisation dieser Erde eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit.
Sonneneinstrahlung
Bei all unseren Betrachtungen steht die Sonne immer am Anfang, denn ohne sie als Energiequelle wäre die Atmosphäre der Erde bitterkalt. Der Wärmefluss aus dem Innern der Erde, der ebenfalls noch etwas Wärme liefert, ist im Vergleich dazu praktisch vernachlässigbar. Alles beginnt letztendlich also mit der Sonneneinstrahlung, mit der Sonne als primäre Energiequelle. Sie sendet elektromagnetische Strahlung zu uns, dessen Wellenlänge u.a. dem Bereich des sichtbaren Licht entspricht.
letztendlich beginnt die Energiebilanz unseres Wetters mit der Sonne
Sichtbares Licht ist im Grunde, wie UV-Strahlung oder Radiowellen, elekromagnetische Strahlung. Elektromagnetische Strahlung gibt es in verschiedenen Wellenlängen (Wellenlänge = Distanz zwischen den Wellenbergen bzw. Wellentäler). Anhand der Wellenlänge lässt sich die elektromagnetische Strahlung unterteilen. Das sichtbare Licht ist dabei nur ein kleiner Teil vom gesamten Spektrum.
Spektrum der elektromagnetischen Strahlung: Der schmale Ausschnitt des sichtbaren Lichtes ist etwas genauer hervorgehoben
(Quelle: Horst Frank / Phrood / Anony - Horst Frank, Jailbird and Phrood, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3726606)
Wie du auf der Grafik oben bereits sieht, liegt das für uns Menschen sichtbare Licht ungefähr bei Wellenlängen zwischen 400 und 700 Nanometer (0.4 bis 0.7 μm; μm = Mikrometer). Davon entsprechen bestimmte Wellenlängen bestimmten Farben. Am unteren Ende liegen violett und blau, gefolgt von grün, gelb und schliesslich am oberen Ende rot. Mischt man alle Farben sichtbaren Lichtes zusammen, ergibt dies für unsere Augen die Mischfarbe weiss.
Bei der elektromagnetischen Strahlung, welche die Sonne aussendet handelt es sich um sogenannte Schwarzkörperstrahlung. Jeder Körper, der eine Temperatur über dem absoluten Nullpunkt aufweist, strahlt elektromagnetische Strahlung ab, egal ob Sterne wie die Sonne, Planeten wie die Erde, Gegenstände wie ein Buch, Pflanzen oder auch der menschliche Körper.
In welcher Intensität die Strahlung und das genaue Spektrum der Wellenlängen ist dabei von der Temperatur an der Oberfläche abhängig. Generell gilt:
Je höher die Temperatur, desto mehr elektromagnetische Strahlung wird emittiert
Je höher die Temperatur, desto geringer sind die Wellenlängen des Strahlungsmaximums
Mit einer Temperatur von ca. 5500°C an der Sonnenoberfläche liegt das Spektrum der Sonnenstrahlung vor allem im Bereich des sichtbaren Lichtes (das wir Sinnesorgane für eben diesen Bereich entwickelt haben, ist also kein Zufall), wobei auch noch ein grosser Anteil Infrarotstrahlung (ca. 47%) und ein kleiner Anteil an UV-Strahlung (ca. 7%) dabei ist. Dieses Strahlungsspektrum wird auch die «kurzwellige Strahlung» genannt. Die Leistung der gesamten kurzwelligen Strahlung der Sonne beträgt beim Eintritt in die Atmosphäre der Erde, übers Jahr und über die gesamte Erdoberfläche gemittelt ca. 340 W/m2 («Solarkonstante»).
Strahlungsintensität des Sonnenlichtes nach Wellenlänge. Das Maximum liegt im Bereich des sichtbaren Lichts, wobei auch ein grosser Anteil an Infrasrotstrahlung dabei ist. Die Absorptionsbanden werden weiter unten im Text erläutert.
(Quelle: bearbeitet aus «Der ursprünglich hochladende Benutzer war Degreen in der Wikipedia auf DeutschImproved Baba66 (opt Perhelion) on request;En. translation LocustaFr. translation Eric BajartNl. translation BoH - Übertragen aus de.wikipedia nach Commons.;, CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10287551»)
Auch Gase, wie die Luft in der Atmosphäre, emittieren elektromagnetische Strahlung, doch deren Strahlungsverhalten ist etwas anders als bei Körper. Gemeinsam haben sie, dass die abgestrahlte Energiemenge von der Temperatur abhängig ist. Unterschiedlich ist das Strahlungsspektrum, denn dieses ist bei Gasen auf einzelne Bereiche (sog. Absorptionsbanden) begrenzt, die wiederum auch je nach Molekül unterschiedlich sind. Ausserdem ist die Strahlungsintensität gegenüber Körpern bei gleicher Temperatur etwa 30% geringer.
Körper und Gase (d.h. u.a. die Erdoberfläche, Wolkentröpfchen, Aersosole und Atmosphärengase) emittieren nicht nur Strahlung, sie nehmen auch Strahlung auf und erwärmen sich dabei. Körper können sowohl sichtbares Licht, als auch Infrarotstrahlung aufnehmen. Bei Gasen sind es nur diese Wellenlängenbereiche, bei denen sich auch emittieren und diese sind bei unseren Atmosphärengasen v.a. im Infrarotbereich.
Ein Teil des direkten Sonnenlichtes wird bereits in der Atmosphäre reflektiert oder absorbiert ehe es die Erdoberfläche erreicht (siehe obige Grafik). So wird etwa ein Viertel der gesamten kurzwelligen Strahlung (sowohl sichtbares Licht, als auch Infrarot) in der Atmosphäre (v.a. durch Reflexion an den Wolken) ins Weltall zurückgestrahlt. Ein weiterer Viertel wird in der Atmosphäre (an den Wolken, Aerosole oder Gase) absorbiert. Dabei handelt sich nicht nur um Strahlung, die direkt aus dem Weltall stammt, sondern auch um den Anteil der Strahlung, welcher an der Erdoberfläche reflektiert wurde. In der obigen Grafik sind die Absorptionsbanden der einzelnen Gase in der Atmosphäre sichtbar. Gut zu sehen ist, dass sich diese v.a. im Bereich der Infrarotstrahlung befinden und dort v.a. der Wasserdampf wirksam ist. Im Bereich des sichtbaren Lichtes findet an den Luftmolekülen jedoch wellenlängenabhängige Lichtstreuung statt, was zur blauen Färbung des Himmels führt (mehr dazu hier).
Bei der UV-Strahlung wird ebenfalls ein Grossteil (v.a. UV-C und UV-B) der Atmosphäre absorbiert und zwar in der Stratosphäre in 15 bis 50km Höhe, wodurch sich die Luft in dieser Höhe stark erwärmt und die Ozonschicht bildet. Auf die Temperatur auf der Erdoberfläche hat dies jedoch keinen grossen Einfluss.
Schliesslich erreicht etwas mehr als die Hälfte der Sonnenstrahlung die Erdoberfläche, und zwar entweder als direktes Sonnenlicht oder Streulicht. Der grösste Teil wird von ihr absorbiert, der Rest direkt wieder reflektiert. Dieser Anteil wird auch die «Albedo» genannt und ist abhängig von der Beschaffenheit der einzelnen Oberfläche. Auf frischem Schnee (ca. 85%) ist sie sehr hoch, auf dunklem Asphalt (ca. 15%) sehr tief. Es gilt: Je höher die Albedo, desto heller nehmen wir die Oberfläche wahr (weil damit von dort aus mehr Licht unser Auge erreicht). Die gemittelte Albedo der Erdoberfläche beträgt übrigens ca. 30% (mehr zu den Albedos unterschiedlicher Oberflächen im Kapitel Temperaturverlauf auf verschiedenen Flächen). Ein Teil des an der Erdoberfläche reflektierten Lichtes wird übrigens wiederum in der Atmosphäre absorbiert oder wird von dort wieder zur Erdoberfläche zurückgesendet, weshalb von den 30% nur ca. 7% effektiv in den Weltraum zurückgeschickt werden.
Energiebilanz von Erdoberfläche und Atmosphäre über die gesamte Erde und über das gesamte Jahr gemittelt (übrigens: Je nach Quelle sind die Angaben etwas unterschiedlich)
Quelle: NASA, translated by IqRS, redrawn by Christoph S. - Trenberth, Fasullo and Kiehl (2009): Earth’s global energy budget. In: Bulletin of the American Meteorological Society, preprint Kiehl and Trenberth 2009, based on Kiehl and Trenberth 1997, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5896758
Die obigen Werte gelten übrigens für die gesamte Erde und dies das ganze Jahr durch gemittelt. Es versteht sich von selbst, dass die Sonneneinstrahlung nur am Tag wirksam ist und in der Nacht vollständig zum Erliegen kommt (d.h. 0 W/m2 beträgt). Aber auch tagsüber ist die Intensität abhängig vom Einfallswinkel der Sonne (also je nach Uhrzeit, Jahreszeit und Breitengrad verschieden). Je flacher der Sonneneinfall, desto weniger Energie erreicht eine bestimmte Fläche des Erdbodens. Dies hat einerseits geometrische Gründe, andererseits auch damit zu tun, dass der Weg durch die Atmosphäre länger wird, mit entsprechend erhöhter Strahlungsabsorption. Weiter nimmt der Anteil an reflektierter Strahlung mit dem Einfallswinkel zu (ist v.a. bei Wasser sehr ausgeprägt). Zusätzlich hat auch die Bewölkung einen grossen Einfluss auf die an der Erdoberfläche ankommenden Sonnenstrahlung.
An kalten Tagen, wo eigentlich tiefe Temperaturen herrschen, kann es sich in der Sonne manchmal erstaunlich warm anfühlen (Windstille vorausgesetzt). Dies hat damit zu tun, dass unser Körper intensiv vom Sonnenlicht erwärmt wird, was den Wärmeverlust an die eigentlich kalte Umgebung teilweise kompensiert. Dieser Umstand ist vor allem dadurch ersichtlich, dass es an diesen Tagen schlagartig kalt anfühlt, sobald die Sonne verschwindet.
Konstante langwellige Abstrahlung des Erdbodens
Wie bereits erwähnt, emittiert nicht nur die Sonne elektromagnetische Strahlung, sondern auch alle anderen Körper, wie die Erde oder Teilchen in der Atmosphäre. Mit einer Temperatur von ca. 14.5°C (globales Mittel), liegt das Strahlungsmaximum der Erde bei einer Wellenlänge von ca. 10 Mikrometer, d.h. im langwelligen Infrarotbereich. Dieses Spektrum wird auch «langwellige Strahlung» genannt und überschneidet sich mit der «kurzwelligen Strahlung» der Sonne kaum.
Übersicht über die kurzwellige Strahlung der Sonne beim Auftreffen der Erdoberfläche (links, rot) und die langwellige Abstrahlung der Erdoberfläche wenn es die Atmosphäre verlässt (rechts, blau). Auch bei der langwelligen Abstrahlung wird ein Teil durch Gase in der Atmosphäre absorbiert.
Quelle:bearbeitet aus CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49295181
Im Gegensatz zum sichtbaren Licht der Sonne ist diese langwellige Abstrahlung für unser Auge komplett unsichtbar. Sie wird von der Erdoberfläche aus konstant (Tag- und Nacht) abgestrahlt (am Tag leicht mehr, weil es dann generell etwas wärmer ist). Ein Teil der langwelligen Abstrahlung vom Erdboden wird in der Atmosphäre absorbiert und von dort wieder auf die Erde zurückgestrahlt (mehr dazu im Kapitel «Treibhauseffekt»), doch Netto liegt trotzdem eine Abstrahlung vor. Der Erdoberfläche wird damit konstant Wärme entzogen. Tagsüber ist die Sonneneinstrahlung jedoch deutlich höher, so dass diese sich trotzdem erwärmen kann. In der Nacht, wenn gar keine Sonneneinstrahlung mehr vorhanden ist, liegt jedoch eine Abkühlung der Erdoberfläche vor.
Übers Jahr gemittelt beträgt die Infrarotabstrahlung von der Erdoberfläche ins Weltall ca. 240 W/m2. Wenn man die ca. 100 W/m2 der kurzwelligen Strahlung, welche in der Atmosphäre und von der Erdoberfläche reflektiert wird, dazu addiert, ist ersichtlich, dass die gesamte Abstrahlung ins Weltall (240 W/m2 + 100 W/m2) etwa so gross ist wie die auf die Atmosphäre eintreffende Sonnenstrahlung (Solarkonstante von 340 W/m2).
Erwärmung der unteren Luftschichten
Trifft das Sonnenlicht also auf die Erdoberfläche, wird diese durch die Absorption dieser Strahlung erwärmt. Hat sich der Boden einmal aufgeheizt, führt dies dazu, dass Wärme über Wärmeleitung an die untersten Millimeter der Atmosphäre (der sogenannten «planetaren Grenzschicht») abgegeben werden. Die Erwärmung der Luft durch die Sonneneinstrahlung geht also primär von der Erdoberfläche aus! Die am Boden erwärmten Luftpakete steigen danach auf (warme Luft ist leichter als kalte Luft) und verteilen so die Wärme auch in die höheren Atmosphären-Schichten. Diese Durchmischung (Konvektion) wird durch eine instabil geschichtete Atmosphäre oder Wind erhöht, bzw. einer stabil geschichteten Atmosphäre reduziert (mehr zur Luftschichtung siehe hier). Auch durch turbulente Luftströmungen, die v.a. bei Wind vorhanden sind, findet ein Wärmetransport statt.
Erwärmung der Luft via Strahlungsabsorption der Erdoberfläche schematisch-vereinfacht dargestellt
In der Nacht ist das Gegenteil der Fall: Die kalte Erdoberfläche führt dann zu einer Abkühlung der unteren Luftschichten (Wärmeleitung von der Luft in den Erdboden). Im Gegensatz zur oberflächlichen Erwärmung während des Tages führt dies jedoch zu einer Stabilisierung der Luftschichtung, so dass der vertikale Luftaustausch stark reduziert wird und keine Durchmischung der Luftschichten stattfindet. Aus diesem Grund kommt nur ein kleiner Teil der von der Erdoberfläche in die Atmosphäre abgegebene Wärme des Tages, in der Nacht wieder zurück. Betrachtet man die übers Jahr gemittelte Energiebilanz, dann findet ein Netto-Wärmefluss von ca. 20 W/m2 in die Atmosphäre statt.
In der Nacht kühlt die Luft durch Wärmeleitung von unten her ab. Wegen der sich damit einstellenden stabilen Luftschichtung, wird der vertikale Luftaustausch verhindert. Deshalb findet in der Gesamtbilanz des Wärmeflusses ein Transport vom Erdboden in die Luft statt.
Energie für die Verdunstung von Wasser (latente Energie)
Bei der Erwärmung des Bodens wird je nach seinem Feuchtegehalt auch Energie dafür aufgewendet um Wasser zu verdampfen («latente Wärme»). Weil das dabei verdunstete Wasser in die Atmosphäre gelangt, handelt es sich ebenfalls um ein Energieeintrag vom Erdboden in die Atmosphäre, doch diese ist erstmal unsichtbar. Erst wenn die betreffenden Wassermoleküle in der Atmosphäre bei der Bildung von Wolken, Nebel oder Dunst kondensieren, wird die latente Wärme wieder freigesetzt. Was dabei spannend ist: Die Energie aus der Verdunstung von Wasser ist im Schnitt, mit 80 W/m2, 4x höher als die Energie welche durch Wärmeleitung in die Atmosphäre gelangt.
Während am Tag der Fluss latenter Energie vor allem vom Erdboden in die Atmosphäre gerichtet ist, kann das Ganze in der Nacht in die andere Richtung drehen, d.h. Wasserdampf aus der Luft kondensiert an der Erdoberfläche unter Bildung von Tau. Damit das passiert, muss sich die atmosphärische Grenzschicht soweit abkühlen, dass der «Taupunkt» unterschritten wird. Der Taupunkt stellt dabei die Temperatur eines Luftpaketes dar, wo bei weiterer Abkühlung der darin enthaltene Wasserdampf nicht mehr gehalten werden kann (d.h. eine 100% Wassersättigung erreicht wird). Der Überschuss an Wasser kondensiert dann und lagert sich dabei in flüssiger Form am Erdboden ab. Die dabei freiwerdende latente Energie führt schliesslich der Erdoberfläche Wärme zu.
morgentlicher Tau auf einer Grasfläche
Quelle: Dellex - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7510698
Je feuchter die Luft und desto stärker die nächtliche Abkühlung, desto höher ist der Taupunkt und somit die Chance auf Taubildung, bzw. desto früher setzt diese ein. An besonders feuchten Tagen kann die Taubildung bereits am Abend beginnen, meist setzt sie jedoch erst am frühen Morgen ein. Hat die Bildung von Tau mal eingesetzt, wird die nächtliche Abkühlung, durch die freiwerdende Wärme vermindert. Die Tiefsttemperatur in der Nacht entspricht als grobe Orientierung in etwa der Taupunkttemperatur, die am vorherigen Nachmittag vorgeherrscht hat oder leicht darunter («Taupunktregel»).
Bei der Kondensation zu Tau bilden sich viele kleine Wasserkügelchen, die auch «Tauperlen» genannt werden. Diese bilden sich vor allem an den feinen Strukturen.
Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt kondensiert (bzw. «resublimiert») der Wasserdampf direkt zu Eis, man spricht dann von Reif. Dabei bildet sich am Boden ein gleichmässiger weisser Eisüberzug.
Reif entsteht analog zum Tau bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt
Quelle: Membeth - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=53130532
Vom Reif abzugrenzen ist der Raureif, wo am Boden, an Gegenständen oder Ästen ein eher unregelmässiger Eisüberzug entsteht wo die Eispartikel gegen die Windrichtung wachsen. Dabei müssen hohe Luftfeuchtigkeiten (>90%, am besten mit Nebel) und sehr tiefe Temperaturen (< -8°C) sowie ein leichter Wind vorherrschen. Die Eispartikel weisen dabei eine kristalline (6-eckig-nadelförmige) Struktur auf.
Raufreif wächst gegen den Wind und weisst gut erkennbare (meist nadelförmige) kristalline Strukturen auf
Quelle: Alexander Z. - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27192
Eine ähnliche Erscheinung stellt das Raueis dar. Dieses bildet sich analog zum Raufreif, jedoch nur bei hohen Windgeschwindigkeiten. Statt kristalline Strukturen (werden durch den Wind immer wieder zerstört), entstehen dabei schwammartige Strukturen mit vielen Luftbläschen.
Schaut man sich die Energiebilanz über das Jahr und die gesamte Erde gemittelt an, so ist der Anteil am nächtlichen Tau deutlich geringer als die Verdunstung während des Tages (im Sommer ca. ein Faktor 30!), weshalb beim Transport latenter Energie trotzdem ein hoher Nettofluss von ca. 80 W/m2 in die Atmosphäre resultiert.
Wärmeleitung in den Untergrund
Die durch das Sonnenlicht erwärmte Erdoberfläche leitet nicht nur Wärme nach oben in die Atmosphäre, sondern auch nach unten in den Untergrund.
Am Tag fliesst ein Teil der Wärme aus der Aufheizung der Erdoberfläche in den Untergrund. In der Nacht ist der Wärmestrom umgekehrt, d.h. die Wärme mit der Erdoberfläche zurückgeliefert und reduziert damit dessen Abkühlung.
Die Wärme, welche am Tag in den Untergrund geleitet wird, fliesst in der Nacht zurück an die Erdoberfläche. Dies führt dazu, dass die nächtliche Abkühlung der Erdoberfläche und somit auch der Luft etwas abgebremst wird.
Der Tages- und Nachtschwankungen der Bodentemperatur nehmen mit zunehmender Tiefe ab und verschwinden ab ca. 0.5-1.0 Meter. Der Jahresgang der Temperatur dringt jedoch jedoch deutlich tiefer ein (wenige Meter). Über das Jahr gemittelt ist ausserdem die Bilanz ausgeglichen, d.h. die gesamte Wärme, die in den Boden gelangt, kommt auch wieder an die Erdoberfläche zurück.
Wärmefluss aus dem Erdinnern? Bekanntlich ist es im Innern der Erde sehr heiss, d.h. es muss von dort zwangsläufig einen Wärmefluss an die Erdoberfläche stattfinden. Warum wird dies in den Energiebilanzen nie erwähnt? Der Grund liegt ganz einfach darin, dass dieser Wärmestrom mit lediglich 0.1 W/m2 sehr klein, bzw. praktisch vernachlässigbar ist. Dasselbe gilt übrigens auch für den Teil des Sonnenlichtes, welcher durch die Pflanzen für die Photosynthese absorbiert wird und ebenfalls nur 0.15 W/m2 beträgt.
Tagesgang der Temperatur
Im Energiefluss der Erde sind also zahlreiche Komponenten im Spiel. Dessen Intensitäten schwanken je nach Tages- und Jahreszeit. Dabei wird die Energie stets zwischen verschiedenen Formen hin- und her transformiert. Hier nochmals im Überblick:
Sonneneinstrahlung: Es ist die primäre Energiequelle und führt zur Erwärmung der Erdoberfläche. Sie ist jedoch nur tagsüber wirksam, bzw. dessen Intensität schwankt je nach Tages- und Jahreszeit.
Abstrahlung der Erdoberfläche: Diese führt konstant, egal ob Tag oder Nacht, zu einem Wärmeverlust der Erdoberfläche.
Wärmeleitung in die Atmosphäre: Die von der Sonne aufgeheizte Erdoberfläche erwärmt die untersten Luftschichten bzw. über damit einsetzende Konvektion und Turbulenz gelangt diese Wärme auch in die höheren Luftschichten. Ein Teil dieser Wärme gelangt in der Nacht zurück auf den Erdboden, indem sich die untersten Luftschichten abkühlen.
Verdunstung / Kondensation von Wasser: Die Aufheizung der Erdoberfläche führt auch dazu, dass Wasser verdunstet, wodurch v.a. am Tag ebenfalls Wärme entzogen wird. Ein kleiner Teil fliesst in der Nacht durch die Bildung von Tau wieder zurück.
Wärmefluss in/aus dem Untergrund: Durch die Aufheizung der Erdoberfläche am Tag fliesst ein Teil der Wärme in den Untergrund. Dabei kommt im langfristigen Mittel der gesamte Betrag in der Nacht wieder zurück an die Erdoberfläche.
Auch dem Zusammenspiel dieser Komponenten, mit ihren tageszeitlich variablen Anteilen, ergibt sich der typische Temperaturtagesgang:
Energieflüsse der verschiedenen Komponenten im Tagesverlauf an der Erdoberfläche. «+» bedeutet ein Fluss zur Erdoberfläche hin und «-» entsprechend davon weg. Das Ganze ist sehr schematisch dargestellt und gilt für einen «Standarttag» in den mittleren Breitengraden (ohne Einfluss Bewölkung / Wind)
Am Tag ist die Sonneneinstrahlung stärker als die langwellige Abstrahlung, d.h. die Erdoberfläche heizt sich auf. Ein Teil davon wird über Wärmeleitung und dem Verdunsten von Wasser an die Atmosphäre abgegeben, wodurch auch die Lufttemperatur zunimmt. Ebenfalls fliesst ein Teil davon in den Untergrund, der sich damit in den obersten Dezimeter ebenfalls erwärmt. Die Intensität der Sonneneinstrahlung nimmt mit immer steilerem Einfallswinkel im Verlaufe des Vormittags konstant zu und erreichts das Maximum mittags. Danach nimmt sie bis Sonnenuntergang konstant wieder ab. Bis am späten Nachmittag ist die Sonneneinstrahlung jedoch immer noch deutlich höher als die langwellige Abstrahlung, so dass sich die Erdoberfläche und die untersten Luftschichten weiter erwärmen können. Die Tageshöchsttemperaturen werden im Sommer um ca. 17 Uhr und im Winter um ca. 14 Uhr gemessen.
Irgendwann ist dann jedoch die Sonneneinstrahlung geringer als die langwellige Abstrahlung, bzw. kommt nach Sonnenuntergang sogar ganz zum Erliegen. Es findet ab jetzt und die ganze Nacht durch eine konstante Abkühlung der Erdoberfläche statt, was in der Folge auch zu einer Abnahme der Lufttemperatur führt. Diese Abkühlung wird jedoch etwas gebremst und zwar indem Wärme vom Untergrund zurück an die Erdoberfläche geleitet wird (die Wärme, welche während des Tages in den Boden geleitet wurde). Je nach Taubildung gelangt auch etwas latente Energie zurück zum Erdboden.
Am Morgen geht dann übrigens die Abkühlung nach Sonnenaufgang noch ein paar Minuten weiter, denn erst danach übersteigt die Sonneneinstrahlung den Betrag der langwelligen Abstrahlung.
Temperaturverhalten je nach Untergrund
Auf unterschiedenen Flächen ist der Temperaturverlauf am Tag und in der Nacht unterschiedlich. So erwärmt sich die Luft über dem Asphalt sehr rasch, während sie über Moorböden in der Nacht stark abkühlt. Diese Unterschiede sind von zahlreichen Faktoren abhängig, denen stets die Energiebilanz zugrunde liegt.
Punkt Nr. 1 – Albedo: Wie bereits erwähnt, wird von der Erdoberfläche immer nur ein Teil des eintreffenden Sonnenlichtes reflektiert und zwar abhängig von der Beschaffenheit dieser Oberfläche. Die Albedo (Verhältnis reflektierter zur gesamten auftreffenden Strahlung) kann dabei je nach Oberfläche erheblich schwanken:
frischer Schnee: 80-90%
Wolken: 60-90%
alter Schnee: 45-90%
Gletschereis: 30-45%
Wüstenboden: 30%
Sandboden: 15-40%
Beton: 14-22%
Wiesen: 12-30%
Ackerboden: 7-17%
Wald: 5-18%
Asphalt: 15%
Wasser (45°-Einfallswinkel): 5%
Hinweis: Die Werte gelten für Wellenlängen im Bereich des Sonnenlichtes.
Je niedriger die Albedo, desto weniger Sonnenlicht wird also reflektiert. Deshalb wundert es nicht, dass diese Flächen entsprechend dunkler sind. Da dies aber auch bedeutet, dass mehr Energie absorbiert wird, werden sich solche Flächen bei Sonneneinstrahlung stärker erwärmen. Umgekehrt bleibt die Erwärmung auf stark reflektierende Flächen (wie z.B. Schnee) vergleichsweise gering.
Punkt Nr. 2 – Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes: Verschiedene Materialien leiten die Wärme unterschiedlich schnell. Die Wärmeleitfähigkeit ist generell tief, wenn darin abgeschlossene, unbewegte Luft enthalten ist. Materialien, die nur wenig oder keine unbewegte Luft enthalten, weisen hingegen hohe Wärmeleitfähigkeiten auf. Ein entscheidender Faktor ist auch der Wassergehalt: Die Wärmeleitfähigkeit von Wasser ist sehr hoch und so auch diejenige von wasserhaltigem Material. Eher niedrig ist die Wärmeleitfähigkeit von organischem Material (das in Pflanzen, Torf, etc. enthalten ist).
Beispiele für Materialen mit niedrigen Wärmeleitfähigkeiten sind:
Pflanzendecke (organisches Material und viel Luft zwischen den Pflanzen)
Torfboden (hoher Anteil an organischem Material)
Neuschnee (viel eingeschlossene Luft und praktisch kein flüssiges Wasser)
trockene Sedimente (Luft in den Poren)
Beispiele Materialien mit hohen Wärmeleitfähigkeiten sind:
Asphalt / Beton (keine Luft)
Festgestein (keine Luft)
feuchtes Lockergestein (Wassergehalt)
Altschnee (Wassergehalt)
Wasser generell
Früchte (wegen Wassergehalt)
Um ein Vielfaches höher ist die Wärmeleitfähigkeit übrigens bei Metallen. Diese kommen jedoch in dieser Form natürlicherweise nicht in der Natur vor.
Je schlechter die Wärmeleitfähigkeit des Bodens, desto weniger Wärme kann tagsüber in den Untergrund abgeleitet und dort «zwischengespeichert» werden. Dies bedeutet einerseits, dass die Erdoberfläche tagsüber stärker erwärmt wird, anderseits dass nachtsüber weniger Wärme aus dem Untergrund nachgeliefert wird und die Nächte damit kälter werden. Es gilt ausserdem: Je tiefer die Weiterleitfähigkeit, desto weniger tief reichen die Tages- und Jahresschwankungen der Temperatur in den Untergrund hinein.
Punkt Nr. 3 – Wassergehalt des Untergrundes: Dessen Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit wurde bereits erläutert. Der Wassergehalt hat jedoch auch einen wichtigen Einfluss, wenn es um die Intensität der Wasserverdunstung geht: Je höher der Wassergehalt, desto mehr Wärme (latente Energie) wird für die Verdunstung aufgewendet, was die Erwärmung der Erdoberfläche und somit der bodennahen Luft während des Tages reduziert. Durch den starken Einfluss des Wassergehaltes ist das Temperaturverhalten einer Oberfläche stark davon abhängig ob diese sich gerade in einem trockenen oder feuchten Zustand befindet (z.B. Wiesen trocken oder nass?).
Temperaturverhalten nach Untergrund: Für die einzelnen Untergründe ergibt sich folgendes Temperaturverhalten:
Moor: Diese sind bekannt für eine häufigere, bzw. verstärkte Nebelbildung in der Nacht («Moornebel»). Der Grund hierfür liegt in der schlechten Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes (und nicht wie man vermuten könnte an der generell feuchteren Luft), welcher durch einen hohen Anteil organischen Materials gekennzeichnet ist. Die schlechte Wärmeleitung führt dazu, dass am Tag weniger Wärme in den Untergrund fliesst und damit in der Nacht weniger nachgeliefert werden kann. Deshalb ist die nächtliche Abkühlung stärker. Äcker, die durch das Entwässern von Mooren gewonnen sind dadurch übrigens besonders gefährdet für Bodenfrost.
Moore sind, wegen der schlechten Wärmleitfähigkeit des Bodens, eher mit kalten Nächten verbunden
Wiese: Eine dichte Pflanzendecke ist wie erwähnt ein schlechter Wärmeleiter. Dies hat, ähnlich wie beim Moor, am Tag eine verminderte Wärmeleitung in den Untergrund zu Folge, bzw. dadurch liegt eine geringere Wärmenachlieferung in der Nacht vor. Die Folge sind also eher kältere Nächte, die oft mit Taubildung begleitet sind. Einen wichtigen Einfluss hat der Wassergehalt der Pflanzendecke: Je feuchter, desto höher die Verdunstung und somit geringer die Erwärmung am Tag. Trockene Wiesen können sich am Tag sehr stark aufheizen.
Auf der Wiese ist es, wegen der schlechten Wärmeleitfähigkeit der Pflanzendecke, generell tagsüber wärmer und nachtsüber kälter. Trockene Wiesen können sich am Tag stark aufheizen.
unbewachsener Boden: Dieser liegt z.B. vor, wenn ein Acker geerntet, bzw. gepflügt wurde. Die braune bis schwarze Oberfläche weist eine hohe Albedo auf, was sich in starker Erwärmung während des Tages äussert. Da die isolierende Pflanzendecke fehlt, kann tagsüber ein Teil der Wärme sehr gut in den Boden abgeleitet werden und reduziert damit die nächtliche Abkühlung.
auf den Äckern kann die Erwärmung tagsüber, durch die hohe Albedo, sehr hoch sein
Wald: Im geschlossenen Wald ist der Raum unter den Baumkronen ein schlechter Wärmeleiter, so dass am Tag wenig Wärme auf den schattigen Waldboden gelangt und es dort mehrere Grad kühler sein kann als im offenen Gelände. Auch die Erwärmung des Kronendachs ist wegen der starken Verdunstung der Bäume und den erhöhten Wind-Turbulenzen des Windes (durch raue Oberfläche) vermindert. In der Nacht, wenn sich die Luft über dem Kronendach abkühlt, kann diese jedoch (anders als auf der Wiese) zum Waldboden hin absinken und so zu einem Luftaustausch führen. Die nächtliche Abkühlung am Waldboden wird durch die langwellige Abstrahlung des Kronendaches reduziert. Die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht sind sowohl am Waldboden, als auch im Bereich der Baumkronen generell geringer als im offenen Gelände. Wird der Wald forstwirtschaftlich aufgelockert oder sogar ein Kahlschlag durchgeführt, hat dies jedoch eine drastische Zunahme der Bodentemperaturen am Tag zur Folge.
Im Wald sind die tageszeitlichen Temperaturunterschiede geringer. Im Sommer ist es unter dem Kronendach am Tag generell kühler als im offenen Gelände.
Schneedecke: Ob die Landschaft schneebedeckt ist oder nicht, hat einen starken Einfluss auf die bodennahen Lufttemperaturen. Bei Schnee ist die Erwärmung während des Tages durch die hohe Albedo deutlich geringer als ohne Schneedecke. Da Schnee ausserdem ein schlechter Wärmeleiter ist, sind auch in der Nacht besonders tiefe Lufttemperaturen möglich. Für kleinere Pflanzen ist die isolierende Schneedecke jedoch ein Segen, denn diese bietet (sofern sie komplett vom Schnee bedeckt sind) einen guten Frostschutz. Während an der Schneeoberfläche starke Minusgrade herrschen, beträgt die Temperatur an der Unterseite meist über Null Grad. Pflanzen oder Pflanzenteile, die aus der Schneedecke herausschauen sind jedoch besonders frostgefährdet. Durch Spuren im Schnee können übrigens Brücken erhöhter Wärmeleitfähigkeit zwischen Atmosphäre und dem Erdboden geschaffen werden, wodurch Letzterer in der Nacht stärker auskühlt.
über einer Schneedecke ist es, wegen der niedrigen Albedo und der niedrigen Wärmleitfähigkeit, Tag oder Nacht generell kälter
Wüste: Der Wüstenboden ist sehr trocken, was am Tag sowohl die Verdunstung, als auch die Wärmeleitung in den Untergrund reduziert. Die Folge ist eine sehr starke Erwärmung tagsüber und ein ebenso hoher Temperaturabfall in der Nacht. Letztere wird durch die meist klaren Nächte mit wenig Bewölkung und niedriger Luftfeuchtigkeit zusätzlich verstärkt (siehe Kapitel "Temperaturverhalten je nach Bewölkung / Luftfeuchtigkeit"). So kann es in der Sahara während den Wintermonaten teilweise unter den Gefrierpunkt abkühlen während tagsüber angenehme 20° C herrschen. Was für die Wüste gilt, gilt übrigens auch teilweise für die trockene Ruderalflächen (Brachflächen, Steinbrüche, etc.) in unseren Breitengraden.
hohe Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht charakterisieren Wüsten
Gewässer: Im Gegensatz zum festen Untergrund kann das Sonnenlicht direkt ins Wasser hinein dringen. Dabei werden auch tiefer liegende Wasserschichten von der Sonne erwärmt, während sie an der an der Wasseroberfläche reduziert ist. Die Erwärmung ist trotz der tiefen Albedo von Wasser geringer als am Land. Dies weil einerseits die Verdunstung sehr intensiv ist und andererseits weil die Wärmekapazität des Wassers sehr hoch ist (d.h. ein Grad Temperaturerhöhung braucht vergleichsweise viel Energie). Wegen diesem Puffer ist die nächtliche Abkühlung geringer. Auf oder in der Nähe eines Sees oder dem Meer ist das Klima deshalb durch gering Temperaturschwankungen zwischen Tag/Nacht, bzw. Winter/Sommer geprägt.
Seen oder das Meer führen zu tages- und jahreszeitlich ausgeglicheneren Temperaturen
Asphalt: Durch die dunkle Farbe ist die Albedo sehr hoch. Wegen dem fehlenden Wasser ist gleichzeitig die Verdunstung sehr gering. Die Folge ist also eine starke Erwärmung während des Tages. Meist ist auch die Wärmeleitfähigkeit in den Untergrund durch den Unterbau aus Schotter reduziert.
eine hohe Albedo und fehlende Wasser-Verdunstung, führen tagsüber auf Asphaltflächen zu einer starken Erwärmung
Stadt: Die Temperatur in den Städten ist im Allgemeinen, sowohl am Tag, als auch in der Nacht bis zu mehreren Grad höher als im Umland. Der Grund liegt dabei nicht wie vermutet werden könnte in der geringeren Albedo ihrer Oberflächen. Denn diese wird durch die geringere Sonneneinstrahlung als Folge der Luftverschmutzung (Smog, stärkere Bewölkung durch mehr Kondensationskeime) wieder kompensiert. Stattdessen ist es v.a. die geringere Verdunstung der trockenen Oberflächen (Asphalt, Hausmauern, etc.). Ein weiterer Faktor ist die Abwärme von Autos, Industrieanlagen und oder auch Wärme aus geheizten Innenräumen. Bei Wind sind die Unterschiede kleiner, da ein Austausch mit der Umgebung stattfindet. In der Nacht sind die Temperaturunterschiede zum Umland besonders stark ausgeprägt. Dies weil einerseits die Temperatur am Tag höher war, die Bauwerke gute Wärmespeicher sind und eine geringere Abstrahlung vorliegt. Die Reduktion der Abstrahlung hängt dabei sowohl mit der Luftverschmutzung (Smog, stärkere Bewölkung), als auch der Tatsache zusammen, dass die Abstrahlung von den Wänden nicht nach oben, sondern gegen die Nachbarswände erfolgt.
in der Stadt liegen gegenüber dem Umland generell höhere Temperaturen vor und zwar sowohl am Tag, als auch in der Nacht
Brücken: Auf Objekten in der Luft, wie z.B. Brücken, kann die nächtliche Abkühlung sehr stark sein. Dies weil im Gegensatz zur Erdoberfläche, der Nachschub des Bodenwärmestroms fehlt.
Temperaturverhalten je nach Bewölkung / Luftfeuchtigkeit
Je intensiver die Bewölkung, desto mehr Sonnenlicht wird am Tag zurück ins Weltall reflektiert, bevor es die Erdoberfläche erreicht. In Mitteleuropa ist die Intensität der Sonneneinstrahlung bei einer geschlossenen Wolkendecke etwas 4x geringer als ohne Bewölkung. Dies führt zu einer geringeren Erwärmung der Erdoberfläche, bzw. bodennahen Luft: Bewölkte Tage sind also generell kühler als wolkenlose Tage.
Bei einer Wolkendecke ist die Sonneneinstrahlung gegenüber dem wolkenlosen Himmel stark reduziert, mit entsprechend geringerer Erwärmung der Erdoberfläche / bodennahen Luft
In der Nacht ist das ganze jedoch umgekehrt: Je intensiver die Bewölkung, desto geringer ist die nächtliche Abkühlung. Dabei hört man oft die Behauptung, dass das daran liege, dass «die Wolken die Infrarotstrahlung reflektieren» würden. Dies stimmt so jedoch nicht! Am Tag führen die Wolkentröpfchen zwar dazu, dass ein Grossteil des Sonnenlichtes daran reflektiert wird (wobei auch hier eigentlich von «anisotroper Mehrfachstreuung» gesprochen werden muss, siehe hier). Bei der Infrarotstrahlung ist die Situation aber ein andere: Die Wolken absorbieren dabei nahezu den gesamten Anteil der darauf auftreffenden Strahlung, d.h. es wird praktisch nichts reflektiert! Die Wolkentröpfchen selbst strahlen jedoch als Körper selbst wieder Strahlung (in Form von Infrarot) nach oben und unten (bzw. auch seitlich). Die an der Wolkenuntergrenze emittiert Strahlung ist dabei gegen die Erdoberfläche gerichtet und wird von dieser wieder absorbiert. Damit wird die Abkühlung des Erdbodens reduziert. Ähnlich wie mit der Bewölkung, verhält es sich übrigens wenn eine belaubte Baumkrone den Boden bedeckt, indem dessen Blätter und Äste Infrarotstrahlung zum Erdboden hin aussenden.
In bewölkten Nächten ist die Abkühlung an der Erdoberfläche geringer und zwar weil die Wolken langwellige Strahlung aussenden, welche die bodennahe Abstrahlung teilweise kompensiert. Die Abstrahlung an der Wolkenuntergrenze ist wegen der höheren Temperatur übrigens höher als diejenige an der Wolkenobergrenze.
Auch die Luftfeuchtigkeit hat einen Einfluss auf die Strahlungsbilanz. Je höher diese ist, desto mehr Strahlung wird in der Atmosphäre absorbiert (Wasserdampf ist das wichtigste Treibhausgas!) und wieder zum Erdboden zurückgestrahlt. An klaren Tagen (mit guter Fernsicht bzw. klarem Sternenhimmel) ist deshalb sowohl die Erwärmung des Tages, als auch die Abstrahlung in der Nacht gegenüber feuchteren Verhältnissen deutlich erhöht.
Die Abstrahlung und damit nächtliche Abkühlung der Erdoberblache ist in klaren, trockenen Nächten eher hoch. Solche Nächte äussern sich übrigens durch einen imposanten Sternenhimmel und evtl. einer guten Fernsicht während des Tages.
Temperaturverhalten je nach Windverhältnisse
Auch der Wind hat einen Einfluss auf das Temperaturverhalten der Luft. Dies weil er zu einer Durchmischung der Luftschichten führt. Dies ist vor allem in der Nacht relevant, weil sich dann, wie bereits erwähnt, bei Windstille eine stabile Luftschichtung einstellt, welche Luftbewegungen verhindert und somit den vertikalen Wärmetransport stark reduziert. Diese Barriere kann jedoch durch windinduzierte Turbulenz teilweise überwunden werden. So wird in der Nacht warme Luft der höheren Schichten, welche ja am Tag erwärmt wurde, nach unten geführt. Die windigen Nächte sind in der Folge generell wärmer.
Vergleich einer windstillen mit einer windigen Nacht: Generell führt die nächtliche Abstrahlung der Erdoberfläche zu einer Abkühlung bodennaher Schichten und damit auch einer stabiler Luftschichtung, welche den vertikalen Luftaustausch verhindert.
Ist jedoch Wind vorhanden, führen turbulente Strömungen trotzdem zu einer vertikalen Durchmischung, so dass dabei die nächtliche Auskühlung am Erdboden geringer ausfällt.
Temperaturverhalten je nach Topographie
Wie bereits erwähnt, nimmt die Strahlungsintensität mit zunehmend flacherem Sonnenstand ab. Einen Einfluss hat aber auch die Topographie (Hangneigung und Exposition). Südhänge kriegen dabei besonders viel Sonne ab, während die Strahlungsintensität an Nordhängen stark reduziert ist. Bei steilen Felswänden ist die die Sonneneinstrahlung im Winter sogar höher als im Sommer. Durch ein strukturiertes Gelände entstehen also je nach Hanglage verschiedene Mikro-Klimata. Diese sind vor allem im Winter stark ausgeprägt, wo gewisse Nordhänge teilweise für mehrere Monaten im Schatten liegen.
Auch bei der langwelligen Abstrahlung gibt es Unterschiede. Allgemein ist diese in topographisch strukturiertem Gelände verringert und zwar, weil sich die Hänge, bzw. Talboden und Hänge sich gegenseitig anstrahlen.
In Tälern und Vertiefungen muss jedoch in windstillen Nächten mit der Bildung von Kaltluftseen gerechnet werden. Während die bodennahe Kaltluft sich im flachen Gelände durch die stabile Luftschichtung kaum bewegt, kann sie an den Hängen ins Tal runterfliessen. In den Tälern werden damit die Nächte deutlich kälter als den höher gelegenen Hangbereichen. Ausgeprägt ist dieses Phänomen vor allem in abgeschlossenen Senken ohne «Kaltluft-Abfluss», wie z.B. in La Brévine (Schweizer Jura). Kaltluftseen bilden sich übrigens auch in kleineren Mulden von teils weniger als 1 Meter Tiefe. Solche sind nach klaren Herbstnächten oft mit Reif bedeckt.
Eine dichte Hangbebauung oder auch geschlossenen Wälder an den Hängen können das Hangabwärtsströmen von Kaltluft verlangsamen. Auch nächtlicher Wind verhindert wegen der vertikalen Durchmischung die Bildung von Kaltluftseen.
Temperaturverhalten je nach Wetterlage
Wetterlagen mit Kaltluft- oder Warmlufteinbrüchen können das Temperaturverhalten stark verändern. Damit kann sogar am tagsüber einer Abkühlung oder nachts eine Erwärmung stattfinden.
Der Treibhauseffekt
In Zeiten des Klimawandels ist das Wort "Treibhauseffekt" in aller Munde. Dieser Treibhauseffekt ist nämlich im Wärmehaushalt der Erde ein sehr wichtiges Kriterium. Betrachtet man die Energieflüsse, die rein durch das Sonnenlicht auf die Erde einwirken (d.h. ohne den Treibhauseffekt), dann würde die Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche bei ca. -18°C liegen.
Erst der Treibhauseffekt sorgt für die ca. 33°C höhere Durchschnittstemperatur von ca. 14°C. Verstärkt er sich, so wie es derzeit durch den menschengemachten CO2-Ausstoss der Fall ist, heizt sich das Klima weiter auf. Doch wie kommt es zum Treibhauseffekt?
Wie bereits erwähnt, beträgt die langwellige Abstrahlung von der Atmosphäre ins Weltall ca. 240 W/m. Die durchschnittliche langwellige Abstrahlung der Erdoberfläche beträgt mit ca. 396 W/m2 jedoch weit mehr als die Abstrahlung ins Weltall. Davon wird ein grosser Teil in der Atmosphäre durch die Wolken, Aerosole und Gase absorbiert.
Bei der Absorption der langwelligen Strahlung in der Atmosphäre sind vor allem Moleküle beteiligt, bei die aus mindestens drei Atomen bestehen, d.h. Wasserdampf, CO2 oder Methan (die deswegen auch «Treibhausgase» genannt werden).
Die Treibhausgase selbst absorbieren aber nicht nur Strahlung, sie emittieren auch! So wird ein Teil wieder zur Erdoberfläche zurückgestrahlt oder trifft in der Atmosphäre auf weitere Treibhausgase. Die Folge ist ein ständiges Hin- und Herstrahlen von Infrarotwellen innerhalb der Atmosphäre, bzw. zwischen Atmosphäre und Erdoberfläche. So gelangen von der Atmosphäre (v.a. den untersten Schichten) durchschnittlich wieder ca. 333 W/m2 zurück zum Erdboden («atmosphärische Gegenstrahlung»). Netto beträgt die Abstrahlung von der Erdoberfläche in die Atmosphäre also nur ca. 63 W/m2!
Die langwellige Abstrahlung ins Weltall wird durch die Absorption in der Atmosphäre jedoch nicht verhindert. Auch die hin- und hergestrahlten Infrarotwellen erreichen irgendwann die obersten Schichten der Atmosphäre und somit das Weltall, wenn auch über viele Umwege. Der Anteil, der direkt oder indirekt aus der langwelligen Abstrahlung der Erde stammt beträgt aber wie erwähnt (nur) 63 W/m2, obwohl die gesamte langwellige Abstrahlung ins Weltall 240 W/m2 beträgt. Die Differenz stammt aus der langwelligen Abstrahlung, die von der Atmosphäre selbst ausgeht, denn diese kriegt ja selbst ordentlich Energie durch Absorption von Sonnenstrahlung, einerseits durch die Absorption von Sonnenstrahlung, aber auch dem Wärmetransport, bzw. dem Transport latenter Energie) vom Erdboden.
Die ca. 240 W/m2 aus langwelliger Abstrahlung und die 100 W/m2 reflektiertem Sonnenlicht, entsprechen auch in etwa der vom Sonnenlicht zugeführten Einstrahlung von ca. 340 W/m2. Die Erde befindet sich also (nahezu) im Strahlungsgleichgewicht mit dem Weltall. Ein solches stellt sich zwangsläufig mit der Zeit ein, egal ob Treibhauseffekt oder nicht. Die Frage ist nur bei welcher Durchschnitts-Temperatur! Mit dem Treibhauseffekt ist die Gleichgewichts-Temperatur der Atmosphäre und der Erdoberfläche deutlich höher als ohne den Treibhauseffekt.
Ohne eine Treibhausgase würde die Erdoberfläche die absorbierte Sonnenstrahlung direkt ins Weltall emittieren und es läge, wie erwähnt, eine Durchschnitts-Temperatur von durchschnittlich -18°C vor. Kommt bei einer solchen Temperatur nun der Einfluss der Treibhausgase ins Spiel, welche die von der Erde abgestrahlte Energie ständig hin- und herstrahlen, reduziert sich damit der die Abstrahlung in den Weltraum und es stellt sich ein Ungleichgewicht ein. Dabei wird die Abstrahlung ins Weltall deutlich geringer ist als die eintreffende Sonneneinstrahlung, was dazu führt, dass sich Atmosphäre und Erdoberfläche aufheizen. Mit der zunehmenden Temperatur steigt aber wiederum die Abstrahlung (Erinnerung: wärme Körper / Gase strahlen mehr ab!), bis eines Tages ein neuer Gleichgewichtszustand erreicht wird (der derzeit bei ca. 14°C liegt).
Stark schematisch-vereinfachte Betrachtung, warum der Treibhauseffekt zu einer Temperaturerhöhung führt: Durch die Treibhausgase wird die Abstrahlung ins Weltall reduziert, so dass ein Ungleichgewicht entsteht, wo die Sonneneinstrahlung überwiegt und sich somit eine Erwärmung von Erdoberfläche und Atmosphäre einstellt. Mit der höheren Temperatur steigt jedoch auch die Abstrahlung ins Weltall, womit sich irgendwann wiederum ein neuer Gleichgewichtszustand einstellt.
Am derzeitigen Treibhauseffekt tragen die einzelnen Gase folgende Anteile bei:
Wasserdampf: 36-70%
CO2: 9-26%
Methan: 4-9%
Ozon (in der Troposphäre): 3-7%
Sauerstoff, Stickstoff und Argon, die zusammen 99.96% der Atmosphäre beinhalten sind am Treibhauseffekt nicht beteiligt. Dies weil dessen Moleküle weniger als drei Atome haben und somit keine Infrarotstrahlung absorbieren/emittieren können.
Nun zum menschengemachten Klimawandel: Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und der damit verbundenen Emission von CO2 erhöhen wir derzeit den Gehalt an Treibhausgasen in der Atmosphäre.
Dies führt dazu, dass von der Atmosphäre mehr Strahlung aufgenommen wird und dadurch die Abstrahlung ins Weltall reduziert wird. So wird derzeit tatsächlich ca. 0.6 W/m2 weniger ins Weltall abgestrahlt als von der Sonne zugeführt wird.
Somit herrscht ein (geringer) Strahlungsüberschuss vor, der zu einer Erwärmung von Erdboden und Atmosphäre führt. Damit steigt aber gleichzeitig mit der Zeit auch die Abstrahlung ins Weltall (Erinnerung: wärme Körper / Gase strahlen mehr ab!), wodurch sich (rein hypothetisch) irgendwann bei entsprechend höherer globaler Durchschnitts-Temperatur ein neuer Gleichgewichtszustand einstellen wird.
Bei dieser vereinfachten Betrachtung ist jedoch auch zur erwähnen, dass bei Klimaveränderungen zahlreiche weitere Prozesse (u.a. auch positive/negative Rückkopplungen) im Spiel sind und sich komplexe Mechanismen daraus ergeben. So führt z.B. die Erwärmung der Atmosphäre zu einem Abschmelzen der Gletscher, wodurch sich wiederum die planetare Albedo verringert, was die Erwärmung verstärkt (positive Rückkopplung). Ein sehr wichtiger Faktor ist auch die Tatsache, dass etwa 90% der Energie aus der derzeitigen Klimaerwärmung in die Ozeane fliesst. Diese stellen demnach ein immenser Wärmepuffer dar, welche Klimaschwankungen deutlich verlangsamen, bzw. zu einem gewissen Teil abpuffern.
Auch die Wolken sind wesentlich am Erdklima beteiligt. Sie absorbieren die von der Erdoberfläche emittierte langwellige Strahlung und strahlen mehr als die Hälfte davon wieder an den Erdboden zurück. Mehr Wolken führen bei diesem Prozess deshalb generell zu einer Erwärmung. Gleichzeitig reflektieren die Wolken wegen der hohen Albedo mehr Sonnenlicht als der Erdboden, was dann wiederum eher mit einer Abkühlung verbinden ist. Bei den hohen Wolken (z.B. Cirren) überwiegt dabei die Infrarotabsorption, d.h. diese führen zu Erwärmung der Erde. Bei den deutlich dichteren tiefen Wolken dominiert jedoch eher die Reflexion des Sonnenlichtes, weshalb diese die Erde eher abkühlen.
Während die derzeitige Klimaerwärmung zweifelslos auch menschengemachte Ursache zurückzuführen ist, sind Klimaänderungen in der Erdgeschichte etwas völlig Normales. Auch diese weisen komplexe, noch nicht genau verstandenen Dynamiken auf, wo die Schwankung der sogenannten Erdbahnparameter oder die Verdunkelung der Atmosphäre durch Vulkanausbrüche eine entscheidende Rolle spielen.
Rückschlüsse aus der Energiebilanz bei Outdoor-Unternehmungen
Wenn du es im Artikel bis hier geschafft hast, hast du eine Menge über die Energiebilanz unseres Wetters und Klima gelernt. Damit wirst du zweifelslos mit offeneren Augen durch die Natur wandern und Dinge erkennen, welche dir vorher noch nie aufgefallen sind. Das standortabhängige unterschiedliche Temperaturverhalten kann man z.B. bei folgenden Phänomenen beobachten:
unterschiedliche Bildung von Tau/Reif je nach Nacht oder Fläche
nächtlicher Nebel bildet sich nur auf gewissen Flächen (z.B. Moore)
die Schneedecke schmilzt an einigen Stellen schneller oder langsamer
an einem Standort fühlt sich die Temperatur der Luft etwas heisser/kälter an
Achte möglichst auf solche Zeichen, wenn du draussen unterwegs bist und gleiche sie mit dem Wetter (Sonneneinstrahlung, Luftfeuchtigkeit, Bewölkung, Wind,..) und lokalen Begebenheiten (Untergrund, Hangneigung, Vegetationsbedeckung,..) ab. Natürlich wirst du nie alles eindeutig erklären können, doch es ist definitiv eine Beschäftigung mit der Natur, die sehr viel Spass macht.
Das Wissen, dass du dir dabei erarbeiten kannst, geht jedoch übers reine Naturbeobachten hinaus, denn es erlaubt dir auch bei Outdoor-Unternehmungen bessere Entscheidungen zu treffen. Dies vor allem, wenn es darum geht, einen Schlafplatz zu finden und einzurichten, bei dem der Wärmeverlust minimal ist. Falls du natürlich einen superwarmen Schlafsack dabei hast, dann ist das alles weniger relevant, bzw. damit kannst du dich auch an exponierten, kalten Stellen sehr wohl fühlen. Falls das nicht der Fall ist, habe ich im Folgenden ein paar Punkte zusammengetragen. Dabei ist zu beachten, dass je nach Situation der eine oder andere Faktor wichtig oder unwichtig sein kann:
Standorte mit eher geringen nächtlichen Lufttemperaturen aufsuchen: Moore und (v.a. feuchte) Wiesen, sowie Ruderalflächen sind eher zu meiden, während unbewachsener Boden oder Waldboden zu bevorzugen ist. Auch Standorte, die am Tag generell viel Strahlung abbekommen (z.B. Südhänge) sind zu bevorzugen. Übrigens: Je schwächer die Sonneneinstrahlung am Tag vorher war und je stärker der Wind weht, desto weniger zeichnen sich Unterschiede zwischen den verschiedenen Bodenbeschaffenheiten ab!
Wärmeverlust an den Boden minimieren: Wenn wir draussen übernachten, dann haben wir (mit Ausnahme der Hängematte) direkten Bodenkontakt. Da der Boden kälter als unsere Körpertemperatur wird, verlieren wir dadurch ständig Wärme, zumal die Daunen des Schlafsackes durch unser Körpergewicht auf der Unterseite praktisch keine Isolation bieten. Genau aus diesem Grund ist eine gute Isomatte genauso wichtig wie die Isolationsleistung des Schlafsackes, denn dadurch reduziert sich der Wärmefluss in den Boden. Doch auch mit der Wahl des Untergrundes kann viel erreicht werden: Je kälter der Boden und je besser die Wärmeleitfähigkeit des Bodens, desto grösser ist der Wärmefluss. So sind generell Standorte mit feuchtem/nassem Boden oder Felsuntergrund zu meiden!
Abstrahlung minimieren: Die ständige langwellige Abstrahlung unseres Körpers stellt, nebst der Wärmeleitung in die Luft oder Boden, eine weitere Quelle für einen Wärmeverlust dar. Andererseits reduziert sich aber auch der Strahlungsverlust, wenn Objekte in der Umgebung in deine Richtung strahlen. Um die Strahlungsbilanz möglich minimal zu halten, muss deshalb ein Standort mit möglichst guten Strahlungsquellen aufgesucht werden. Das können Felsen oder auch Baumkronen sein. Eine gute Strahlungsquelle stellt übrigens auch der Stoff des Zeltes oder eine Plane dar!
Windschutz: Ist nicht nur wichtig wegen dem Windchill-Effekt, sondern auch weil damit die Wärmeleitung vom Schlafsack in die Luft erhöht wird.
Kälteseen meiden: Mulden bilden einen guten Windschutz und generell einen geringeren Strahlungsverlust. Sie können deshalb bei windigen Verhältnisse einen Vorteil bieten. In windstillen und klaren Nächten sind sie wegen der Bildung von Kälteseen jedoch zu meiden. Bei Mulden oder Gräben können sich übrigens bei aufkommendem Regen plötzlich Bäche oder Pfützen bilden!
Ein Beispiel wie man es nicht machen sollte: Mein Schlafplatz lag in der kalten-klaren und windstillen Oktobernacht auf ca. 2'500 m ü. M. in einer Geländemulde. Es war bitterkalt!
Das Wissen aus der Energiebilanz erlaubt dir ausserdem ein paar Vorhersagen über die kommende Wetterentwicklung treffen zu können:
trockene Luft: Herrschte es am Tag zuvor eine gute Fernsicht und war dabei der Himmel besonders blau, dann ist dies ein Anzeichen von geringer Luftfeuchtigkeit. Da dadurch die atmosphärische Gegenstrahlung reduziert ist, ist in der kommenden Nacht generell mit einer starken Abkühlung zu rechnen. In der Nacht kann trockene Luft übrigens auch daran erkannt werden, dass der Sternenhimmel besonders ausgeprägt ist.
feuchte Luft: Eher schlechte Fernsicht, starkes Schwitzen, besonders intensive Gerüche und (im Sommer) viele Fliegen am Abend, deuten auf eine hohe Luftfeuchtigkeit hin, die tendenziell mit geringeren nächtlichen Abkühlung verbunden ist.
wolkenloser Himmel: Bei fehlender Bewölkung ist die Erwärmung während des Tages besonders stark, doch ebenso ist es auch die nächtliche Abkühlung. In der Nacht kann fehlende Bewölkung am freien Blick in den Sternenhimmel erkannt werden.
nächtliche Bewölkung: Führt zu einer langwelligen Gegenstrahlung von den Wolkenunterseiten, wodurch der Wärmeverlust des Bodens reduziert wird. Die Folge ist eine geringere nächtliche Abkühlung.
Wind: Führt zu einer eher geringeren nächtlichen Abkühlung, weil die bodennahe Kaltluft mit der etwas wärmeren Luft darüber vermischt wird. Dabei wird ebenso die Bildung von Kaltluftseen in Senken/Mulden verhindert.
Prognose der Tiefpunkttemperatur: Wie bereits erwähnt, entspricht die zu erwartende Tiefsttemperatur in etwa dem Taupunkt des Vortages. Dies gilt jedoch nur für klare, windstille Nächte. Doch wie bestimmt man den Taupunkt des Vortages? Wer ein Messgerät zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit und ein Thermometer dabei hat (oder sich die Daten einer nahegelegenen Wetterstation mit dem Smartphone abruft), kann ihn berechnen, doch leider ist die Formel etwas kompliziert. Besser eignet sich deshalb das Ablesen auf einer Hilfsgrafik (siehe unten). Wenn am Himmel Quellwolken vorhanden sind (was eher in den warmen Monaten der Fall ist) und du mit nahegelegenen Bergen ungefähr die Höhe der Wolkenuntergrenze bestimmen kannst (geht also nur im Gebirge) gilt ausserdem: Taupunkt [°C] = «Lufttemperatur am Boden» [°C] + «Höhe Wolkenuntergrenze» [m] / 122
Taupunkt in Abhängigkeit von Lufttemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit
Quelle: Original: Easchiff, Derivative: SLUB Dresden / Carsten Pietzsch - Diese Datei wurde von diesem Werk abgeleitet: Dewpoint-RH.svg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=99281263
Quellen
Hans Häckel (2016) - Meteorologie, 8. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, ISBN 978-3-8463-4603-7 (eBook)
Hans Häckel (2007) - Wetter & Klimaphänomene, 2. völlig neu bearbeitete Auflage, ISBN 978-3-8001-5414-2
Peter Albisser (2017) - Wetterkunde für Wanderer und Bergsteiger, 6. vollständig überarbeitete Auflage, ISBN 978-3-85902-424-3
Stefan Brönnimann (2018) – Klimatologie, 1. Auflage 2018, ISBN 978-3-8463-4819-2
https://de.wikipedia.org/wiki/Taupunkt
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